Brad DeLong schreibt, dass er den aktuellen Jahresbericht
der BIZ nicht verstehe. Er habe mehrmals
versucht. Aber vergebens. Er begreife nicht, was die BIZ sagen will.
Was gibt es hier nicht zu verstehen, entgegnet Paul Krugman in seinem Blog. Es geht hier um eine Haltung, nicht
um ein schlüssiges Wirtschaftsmodell. Seit zumindest 2010 ist die BIZ-Position
dieselbe wie die von Liquidationisten in den 1930er Jahren, erklärt der inzwischen von der Princeton University zum Graduierten
Zentrum der City University of New York
(CUNY) gewechselten Wirtschaftsprofessor.
Joseph Schumpter hat z.B. damals vor „künstlichen Anreizen“ (artifical stimulus) gewarnt, welche die
Arbeit der Depression zunichte machen könnten. Das ist heute die Position der
BIZ, intellektuell folgerichtig, aber sachlich falsch, unterstreicht Krugman.
Die BIZ-Angebotsökonomen behaupten heute, dass die Massenarbeitslosigkeit das Ergebnis der „strukturellen
Nichtübereinstimmung“ (structural
mismatch) ist. Das heisst, dass die Arbeitnehmer angeblich die falschen
Fertigkeiten hätten. Oder sie seien in falschen Sektoren. Und deswegen macht
die BIZ geltend, dass die lockere Geldpolitik zu einem raschen Anstieg der
Inflation führen würde, trotz der hohen Arbeitslosigkeit.
Da das nicht geschehen ist, ist
zu erwarten, dass die BIZ ihre wirtschaftspolitischen Verschreibungen
korrigiert. Nein. Die BIZ sucht stattdessen nach neuen Rechtfertigungen, um dieselbe
Verschreibungen zu wiederholen. Nun behaupten die BIZ-Ökonomen, dass die
niedrigen Zinsen die Finanzstabilität
gefährden.
Bemerkenswert ist, dass die BIZ betont,
dass die Wirtschaft unter einer Bilanzrezession (balance sheet recession)
leidet. Das heisst, dass der überschuldete Privatsektor eine dauerhafte
Belastung für die gesamte Wirtschaft ausübt.
Das ist eine vernünftige
Erklärung. Die BIZ scheint aber die Impilikationen daraus nicht zu begreifen.
Oder sie kümmert sich darum nicht. Denn die BIZ behandelt die Bilanzrezession-Probleme,
als ob es sich dabei um strukturelle Probleme handelte: wie wenn die hohe
Arbeitslosigkeit etwas Natürliches wäre und daher keines besonderen Stimulus
für die Wirtschaft bedürfe.
Irving Fisher hat darlegt, dass der Prozess des Schuldenabbaus (deleveraging)
immense, unnötige Kosten verursacht: Schulder werden gezwungen, die Ausgaben zu
kürzen. Aber die Gläubiger (Kreditgeber) finden keinen vergleichbaren Anreiz,
Ausgaben zu erhöhen. Es ergibt sich daraus eine anhaltend schwache Nachfrage, die zu grossen Schmerzen und Verschwendungen
führt.
Darüber hinaus kann selbst der
schwer angeschlagene Zustand der Wirtschaft den Prozess des Schuldenabbaus
lähmen, weil die Schuldner (Kreditnehmer) nicht das Einkommen haben, um ihre
Schulden zurückzuzahlen und der Rückgang der Inflation (oder Deflation) die reale Last der Schulden erhöht.
Wenn man also die Ansicht von
Bilanz-Rezession teilt, ist es laut Krugman klar, einzusehen, dass
Haushaltsdefizite die Nachfrage stützen können, während der Privatsektor damit
beschäftigt ist, seine Bilanzen in Ordnung zu bringen. Und dass die Geldpolitik
die Fiskalpolitik stützt, sodass ein Anstieg der Inflation diejenigen, die
nicht Schulden-eingeschränkt sind, sich veranlasst sehen, Ausgaben zu erhöhen
und damit die reale Last der Schulden reduzieren.
Die BIZ fordert jedoch, dass
sowohl die öffentliche Hand als auch die privaten Haushalte sparen. Was
wundert, ist, dass die BIZ nicht verlangt, dass alle einen
Handelsbilanzüberschuss aufweisen. Die BIZ-Ökonomen behaupten sogar, dass die
Deflation gar nicht so schlimm sei. Oh boy!
Exkurs:
Die „liquidationist“-Schule vertritt im Wesentlichen die Ansicht,
dass das Leiden in einer Depression gut und etwas Natürliches ist. Nichts soll
daher unternommen werden, die Schmerzen
zu lindern. Vor allem Schumpeter und
Hayek haben sich im Zusammenhang mit
der Great Depression diese Argumenten zueigen gemacht.
Es handelt sich dabei im Grunde
genommen um eine Zombie-Idee,
die getötet werden kann, wie oft man will. Aber sie lebt weiter. Dafür sorgen
heute die Angebotsökonomen und/oder Institutionen wie die BIZ. Auch die
Austerian-Anhänger, d.h. die Befürworter einer harschen Sparpolitik ohne
Rücksicht auf Folgen, fühlen sich heute in der „liquidationist“-Schule sehr
wohl.
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