Es ist ein offenes Geheimnis,
dass eine Mehrzahl des deutschen Volkes den Euro-Rettungsschirm abgeschafft
sehen würde. Die irreführende Debatte über die Rettungspakete im Euro-Raum und
die obskure Diskussion über die etwas komplexe Target-II-Salden dürften dazu beigetragen haben.
Die Konsequenz ist jedoch, dass
in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, als ob Deutschland der Zahlmeister
Europas wäre.
Vor diesem Hintergrund
unterstreicht Sebastian Dullien in
einem lesenswerten Artikel in Die Zeit online (aus dem e-book „Die 10 Mythen der Eurokrise“) drei Missverständnise.
(1) Die Hilfspakete an die von der
Krise am stärksten betroffenen Staaten sind keine Transfers, sondern Kredite,
die irgendwann zurückgezahlt werden müssen, und zwar mit Zinsen.
(2) Bei den sog. Target-II-Salden handelt
sich um eine Art Verrechnungskonten der europäischen Zentralbanken im Euro-Raum
in Zusammenarbeit mit der EZB. Die Behauptung, dass die Bundesbank alle
Forderungen abschreiben müsste, falls die Gemeinschaftswährung zusammen bräche,
ist falsch, hebt Dullien hervor.
Die 10 Mythen der Euro-Krise und warum sie falsch sind: Einleitung: Henning Meyer und Andrew Watt via Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung
(IMK), Sept 2014
(a) Aus den Target-Salden ist
bisher kein Verlust entstanden,
(b) Verluste würden nur dann eintreten, wenn
der Euro wirklich auseinander brechen würde. Zur Zeit deutet nichts darauf hin. Die
Forderungen der deutschen Bundesbank aus Target-Salden sind sogar inzwischen
von 750 Mrd. EUR auf unter 500 EUR gefallen.
(c) Die Annahme, dass die
spanische Notenbank im Extremfall keinen Cents an die Bundesbank zahlen würde,
ist auch wirklichkeitsfremd, da die spanische Zentralbank der kreditwürdigste
Schuldner im Land ist.
(d) Fakt ist, dass ein Grossteil der Target-II-Salden
entstanden ist, weil deutsche Banken nicht mehr bereit sind, Kredite an Banken
in den Krisenstaaten zu gewähren.
(3) Was Netto-Zahlungen an den
EU-Haushalt betrifft: Deutschland zahlt hier absolut am meisten. Aber
nur weil es das bevölkerungsreichste Land ist. Das Ganze relativiert sich, wenn
man sich Pro-Kopf-Werte anschaut: Deutschland kommt hier auf 146 EUR pro Kopf und Jahr. Schweden und Dänemark zahlen mit rund 200
EUR deutlich mehr.
Von einer deutschen Sonderrolle als
„Zahlmeister“ kann also keine Rede sein, hält der an der THW Berlin lehrende Wirtschaftsprofessor als Fazit fest.
PS: Das Buch beinhaltet noch weitere Beiträge wie z.B. von Peter Bofinger, Thomas Fricke, Andrew Watt u.a.
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