Samstag, 6. September 2014

Interesse geleitete Angstpolitik vor Inflation

Die EZB hat am Donnerstag eine Reihe von neuen Schritten angekündigt, in dem Bemühen, um Europas Wirtschaft anzukurbeln. Ihre Epiphanie ist aber möglicherweise zu spät gekommen, kommentiert Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Deflation Caucus“) am Freitag in NYTimes.

Es ist alles andere als klar, dass die Massnahmen, die jetzt auf dem Tisch liegen, ausreichen, um die Abwärtsspirale zu unterbinden, so der am Graduierten-Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Und Bernanke zuliebe, na bitte, geht doch! Dinge sind bei weitem nicht OK. Aber wir scheinen von der Art der Falle, der Europa gegenübersieht, wegzukommen, unterstreicht Krugman weiter. Warum? Eine Antwort ist, dass die Fed vor Jahren begonnen hat, das Richtige zu tun, durch den Ankauf von Anleihen Billionen von Dollar Wert, um eine Situation wie in Europa zu vermeiden.

Man kann argumentieren, dass die Fed hätte mehr tun sollen. Aber die Fed-Beamten standen heftigen Attacken gegenüber. Experten, Politiker und Plutokraten beschuldigte sie, immer und immer wieder, den Dollar zu „entwerten“ (debasing the dollar), und warnten vor einer kräftig steigenden Inflation, die um die Ecke lauere.

Aber sie geben heute nicht zu, obwohl sie Jahr für Jahr falsch lagen, dass sie damit fehlschlugen. Oder sie haben nicht einmal den Mut, ihre Meinung zu ändern. Und die Frage, die Krugman immer wieder stellt, ist, warum. Weshalb verlangt eine mächtige Fraktion in unserem Gemeinwesen (genannt „deflation caucus“) ständig eine Politik des knappen Geldes (tight  money), auch in einer schwer angeschlagenen (depressiv) Wirtschaft mit Niedriginflation?

Eine Antwort ist „truthiness“; eine Wortschöpfung von Stephen Colbert, um die Dinge zu beschreiben, die nicht wahr sind, aber von manchen Menschen als wahr angenommen werden: „Die Fed druckt Geld. Geld-drucken führt zu Inflation. Und Inflation ist immer eine schlechte Sache“. Das eine dreifach unwahre Aussage, die sich aber für viele Menschen wahr anhört, legt Krugman dar.

Eine andere Antwort ist Klasseninteresse. Inflation hilft Schuldnern und sie belastet Gläubiger. Deflation macht genau das Gegenteil. Und es sind eher die Reichen, die Gläubiger sind als Arbeiter und die Armen. Das heisst, dass das wahrgenommene Klasseninteresse wohl auch eine wichtige Motivation für die Deflation Fraktion (deflation caucus) darstellt.

Und das wichtigste ist zu verstehen, dass die Dominanz der Interessen der Gläubiger auf beiden Seiten des Atlantiks durch falsche aber instiktiv ansprechende wirtschaftliche Doktrinen unterstützt wird. Und mit tragischen Folgen.

Die Volkswirtschaften wurden durch die Not der Schuldner in die Tiefe gezogen. Die Schuldner sind jetzt gezwungen, Ausgaben zu kürzen. Um einen tiefen, verlängerten Konjunkturrückgang zu vermeiden, brauchen wir zum Ausgleich dieser Schwäche angemessene Massnahmen. Was wir stattdessen erfahren, ist aber eine Besessenheit für das Übel Haushaltsdefizit und Inflation-Paranoia, wähernd die Krise fortschreitet.



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