Linke sprechen über Umstände;
Konservative über Charakter, schreibt Paul
Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Show-off Society“) am Freitag in NYTimes.
Die geistige Kluft ist am
deutlichsten, wenn es um die anhaltende Armut geht, unterstreicht der am
Graduierten Zentrum der City University
New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor.
Linke konzentrieren sich auf
die Stagnation der Reallöhne und den Abbau der Arbeitsplätze für die
Mittelschicht genauso wie auf die ständige Unsicherheit, die damit einhergeht,
dass man keinen Job oder Vermögen hat. Konservative hingegen meinen, dass die
Menschen es nicht hartnäckig genug anpacken.
Um fair zu sein, betont Krugman,
dass es auch einige Konservative gibt, die den Reichen einen Tadel erteilen. Peggy Noonan schreibt über unsere „dekadenten Eliten“. Im Charles Murrays Buch „Coming
Apart“ geht es hauptsächlich um den angeblichen Verfall der Werte unter der
weissen Arbeiterklasse, wobei auch die „Unschicklichkeit“ der Superreichen mit
ihrem aufwendigen Lebensstil und gigantischen Häusern angeprangert wird, so
Krugman.
Gab es aber tatsächlich eine
Explosion der Prahlerei der Eliten?
Krugman zitiert dazu einen
Artikel aus Fortune vom Jahr 1955 mit dem Titel „How
top executives live“: Es stellt sich heraus, dass das Leben einer früheren
Generation der Eliten in der Tat weit mehr zurückhaltend war, d.h. schicklich
bzw. anständig, wenn Sie es so wollen.
Und warum hat sich die Elite von der
Prahlerei und Zurschaustellung der Vergangenheit zurückgezogen? Die grosse
Yacht ist im Meer der progressiven Besteuerung gesunken, beschreibt Fortune.
Das Meer ist aber abgeebbt, legt
Krugman dar: Und es gibt kein Geheimnis darüber, was mit den guten alten Zeiten
der zurückhaltend lebenden Elite geschehen ist: Extreme Einkommensungleichheit
und niedrige Steuern an der Spitze sind wieder
zurück auf der Tagesordnung. Gibt es aber eine Chance, dass die Regeln der
Moral, Mahnungen und Aufrufe, ein besseres Beispiel abzugeben, bei den Reichen auf
Gehör stösst, mit der Angeberei aufzuhören? Nein.
Es ist nicht einfach so, dass die
Menschen, die es sich leisten können, auf grossem Fuss zu leben, dazu neigen, sich
auch so zu verhalten. Wie Thorstein Veblen uns vor einer langen Zeit sagte, dass
die Reichen sich in einer sehr ungleichen Gesellschaft verpflichtet fühlen, „Geltungskonsum“
vorzuführen.
Und die moderne
Sozialwissenschaft bestätigt die Einsicht: Beispielsweise zeigen die Forscher bei
der US-Notenbank, dass die Menschen, die in den im hohem Grade ungleichen
Vierteln leben, eher dazu neigen, Luxusautos zu kaufen. Ziemlich klar, dass
hohe Ungleichheit eine wahrgenommene Notwendigkeit hervorruft, Geld in einer
Art und Weise auszugeben, was auf Status hinweist, argumentiert Krugman.
Der Punkt ist, dass es, während
die Reichen für ihre Vulgarität nicht so anzüglich sein mögen wie sie die Armen
an moralischen Schwächen belehren, ebenso zwecklos ist. Menschliche Natur ist
halt so, wie sie ist; es ist dumm, Demut von einer weitreichenden Elite zu
erwarten.
Wenn Sie denken, dass unsere Gesellschaft mehr Demut benötigt,
sollten Sie Politik unterstützen, die die Privilegien der Elite reduzieren
will, hält der im Luxembourg Income Study
Center forschende Träger des Wirtschaftsnobelpreises als Fazit fest.
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