Spekulation schiessen über
weitere geldpolitische Lockerung in der Eurozone wild ins Kraut. Mario Draghi hat mit seiner Rede in Jackson Hole offenbar hohe Erwartungen geweckt. EZB-Präsident will die
Inflationsrate wieder in Richtung 2% heben. Aber wie?
Eine mengenmässige Lockerung der
Geldpolitik (QE: quantitative easing)
à la USA und/oder Japan kommt nicht in Frage, wie Wolfgang Schäuble, Deutschlands Finanzminister am Wochenende unverblümt festgehalten
hat.
Auch François Hollandes
Erklärungen, dass die EZB mehr unternehmen müsse, um das Wachstum im Euro-Raum
anzukurbeln, wurden durch Berlin im Keim erstickt.
Draghi hatte bisher die Ansicht
vertreten, dass die Inflationserwartungen im Euro-Raum verankert seien. Auf dem
Zentralbanktreffen in den USA hat er jedoch eingestanden, dass die
Inflationserwartungen merklich gefallen sind.
Inflationserwartungen im
Euro-Raum (gemessen an Inflationsswaps), Graph: ZKB in DMO
Wie in der Abbildung zu sehen
ist, sind die Inflationserwartungen
(gemessen an Inflation Swap Rates) seither tatsächlich weiter gefallen.
Nach einer ersten Einschätzung
des eurostat
ist die Inflation im August auf 3%
gesunken. Das ist der tiefste Stand seit Oktober 2009. Je länger und je
deutlicher die Teuerung unter dem Zielwert der EZB von 2% liegt, desto grösser
wird die Gefahr, dass eine deflationäre Entwicklung um sich greift, wie die ZKB
in der heute veröffentlichten Daily
Market Opinion argumentiert.
Das ist die Folge der fatalen Wirtschaftspolitik durch die
EU. Die EU-Behörden haben in Reaktion auf die Finanzkrise von 2008 und die
daraus folgende Rezession zwei verhängnisvolle Fehler begangen, wie Paul de Grauwe in einem lesenswerten Artikel in The European hervorhebt.
(1) Die Fehldiagnose der
Euro-Krise: Brüssel und Berlin haben von Anfang an behauptet, dass die
verschwenderische Haushaltspolitik die Ursache der Euro-Krise ist. Tatsächlich war
es der Privatsektor (nicht die öffentliche Hand), der sich über Gebühr
verschuldet hat (Ausnahme: Griechenland).
Die wahre Natur der Rezession (balance sheet recession) wurde nicht
erkannt, was dazu führte, dass sowohl der Privatsektor als auch der öffentliche
Sektor in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft gleichzeitig die Gürtel enger
schnallen. Die Folge: Die Deflationsneigung (deflation bias) in der gesamten
Euro-Zone.
(2) Der Trugschluss, dass man mit Strukturreformen die Wirtschaftsleistung stimulieren kann. Das heisst die Annahme (gemäss dem Say’schen Gesetz), dass das Angebot seine Nachfrage
schafft. In der Praxis hat die Austeritätspolitik, wie nicht anderes zu
erwarten war, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter geschwächt und die
Produktionskapazität reduziert.
Trotz historischen niedrigen
Zinsen nimmt heute niemand die Ersparnisse auf (d.h. sich verschuldet) und
ausgibt (d.h. investiert). Sowohl geld- als auch fiskalpolitische Impulse bleiben
aus. Und die Arbeitslosigkeit verharrt auf hohem Niveau. Während Menschen unnötig leiden, halten die Eurokraten am harschen austeritätspolitischen Kurs fest, koste,
was es wolle.
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