Mittwoch, 17. September 2014

Trotz negativer Renditen gibt es kein öffentliches Investitionsprogramm

Deutschland hat heute eine zweijährige Staatsanleihe mit einer negativen Rendite aufstocken können. Es gingen Gebote in Höhe von 7,5 Mrd. EUR ein. Zugeteilt wurden 3,3 Mrd. EUR zu einer Minus-Rendite von 0,07%.

Damit wurde erstmals seit Dezember 2012 auf einer Auktion von Schatzanweistungen mit zwei Jahren Laufzeit eine negative Rendite erzielt.

Das Erstaunliche dabei ist, dass die deutsche Regierung trotz des aktuellen Niedrigzinsumfeldes einen ausgeglichen Haushalt anstrebt. Die öffentlichen Investitionen liegen in Deutschland mit 1,6% im Verhältnis zum BIP deutlich niedriger als der Durchschnitt von 2,3% im Rest der Eurozone.

Ein öffentliches Investitionsprogramm würde dem Euro-Raum gut tun: Kurzfristig würde die gesamtwirtschaftliche Nachfrage angekurbelt. Und langfristig würde das Potenzielwachstum gefördert.

Das Argument, dass die Staatsschulden eine Belastung zukünftiger Generationen darstellen, ist ein Trugschluss. Künftige Generationen ererben schliesslich nicht nur Verbindlichkeiten, sondern auch Vermögenswerte (d.h. Kapitalstock) z.B. in Form von Infrastruktur.




Öffentliche Investitionen in der Eurozone, GraphProf. Paul De Grauwe

Ausserdem: Wie Staatsschulden wachsen im gleichen Ausmass auch die Forderungen gegen den Staat. Nicht vergessen werden darf also, dass die Inhaber der Schuldtitel sich unter den (angeblich belasteten) zukünftigen Generationen befinden werden.

Es ist augenfällig, dass die Euro-Krise zu einem systematischen Rückgang des wirtschaftlichen Wachstums in der Eurozone geführt hat. Brüssel und Berlin betrachten „strukturelle Rigiditäten“ als Ursache der Krise.

Mit anderen Worten wird das schwache Wachstum ein angebotseitiges Problem angesehen. Demnach: Wenn das Angebot flexibler gestaltet würde (d.h. Lohnzurückhaltung, Abbau der Sozialleistungen und einfache Entlassung der Arbeitskräfte), würde sich das Wachstum beschleunigen.

Die angebotsorientierte Konzeption ist aber nicht stichhaltig, obwohl sie weiterhin die geistige Grundlage der europäischen Entscheidungsträger bildet, die Strukturreformen anfordert, wie Paul De Grauwe in einem lesenswerten Beitrag in seinem Blog anhand von sehenswerten Abbildungen festhält.

Diese Diagnose des Problems des Wirtschaftswachstums in der Eurozone macht keinen Sinn, unterstreicht der an der London School of Economics lehrende Wirtschaftsprofessor

Da das Problem von der falschen Seite angegangen wird, verharren die Politiker auf Austeritätspolitik. Der EU-Peripherie werden weiterhin haushaltspolitische Restriktionen auferlegt, was auf der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage lastet und in einem deflationary bias in der gesamten Eurozone mündet.

Das Bemerkenswerte daran ist, dass die Austeritätspolitik zu einem starken Rückgang der öffentlichen Investitionen führt und damit Produktionsmöglichkeiten einschränkt, was wiederum wiederum weniger Angebot in Zukunft bedeutet.

Das heisst, dass die EU-Behörden den Mangel an Nachfrage nicht nur nicht erkennen, sondern für ein angebotseitiges Problem halten und damit selbst einen Rückgang des Angebots auslösen. Wie grotesk ist das?

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