Die EZB hat heute die Zinsen gesenkt. Die Entscheidung sei nicht einstimmig gefallen, hiess es in der
Pressekonferenz.
(1) Der Zinssatz für die
Hauptrefinanzierungsgeschäfte (refi rate)
wurde um 10 Basispunkte auf 0,05% gesenkt.
Das ist der sog. Leitzins, zudem die
Banken bei der EZB zeitllich befristet Zentralbankgeld gegen Sicherheit
umtauschen können.
(2) Der Zinssatz für die
Spitzenrefinanzierungsfazilität (lending
rate) wurde um 10 Basispunkte auf 0,30% gesenkt.
Das heisst, dass die Banken, wenn
sie bei der EZB kurzfristig (über Nacht) Geld ausleihen, 0,3% zahlen müssen
(3) Der Zinssatz für die
Einlagefazilität (deposit rate) wurde
um 10 Basispunkte auf -0,20% gesenkt.
Das heisst, dass die Banken, wenn
sie Geld bei der EZB parken, statt Kredit an Unternehmen zu vergeben, einen „Strafzins“
(-0,20%) zahlen müssen.
Die gesamte Zinsstrukturkurve war
im Vorfeld negativ. Was der Zusammensturz der langfristigen Forward
Real-Renditen längst andeutete, wurde damit nun Realität.
Die EZB hat zugleich auch den Aufkauf
von ABS-Papieren (ABSPP) und Pfandbriefen (CBPP3) angekündigt. Mario Draghi
will also den Kreditvergabe-Kanal durch die Banken reparieren.
Euro Real-Rendite Laufzeitprämie
(term premium), Graph: Morgan Stanley
Die Zinsen liegen aber seit
geraumer Zeit nahe Null Prozent (zero
lower bound). Warum? Weil der Privatsektor mit dem Schuldenabbau (deleveraging) beschäftigt ist, während auch
die öffentliche Hand die Gürtel enger schnallen muss. Warum? Die Antwort ist die
Austeritätspolitik.
Der harsche Sparkurs hängt wie ein
Damoklesschwert über dem Euro-Raum. Die Strukturreformen erwürgen die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage noch mehr. In Europa mangelt es an Nachfrage. Die
Zinsen verbleiben niedrig, weil es kaum Schuldner gibt. Das Angebot schafft
sich die Nachfrage nicht.
Die Geldpolitik verliert an
Wirksamkeit, wenn die Wirtschaft in eine Liquiditätsfalle rutscht. Der massive
Anstieg der Notenbankgeldmenge (monetary
base) führt nicht zu einem Anstieg der Inflation.
Es bedarf daher einer
expansiven Fiskalpolitik. Weitere Zinssenkungen entfalten nicht mehr als eine kosmetische
Wirkung. Sonst nichts. Die Austeritätspolitik gehört abgeschafft. Wie soll
sonst die Nachfrage angekurbelt werden? Woher soll das Wachstum kommen? Wie lange sollen einfache Menschen noch leiden? Wann werden die EU-Behörden auf liquidationism verzichten?
PS:
Die Forward Rate (der
kurzfristige Zinssatz, zu dem Investoren jetzt Geld leihen oder in Zukunft Geld
verleihen wollen) ist der erwartete künftige kurzfristige Zinssatz.
Die Laufzeitprämie bringt den
Renditeunterschied zwischen den langfristigen und kurzfristigen Anleihen zum
Ausdruck. Es handelt sich dabei um Schätzwerte.
1 Kommentar:
Unter 3 steht:
"Das heisst, dass die Banken, wenn sie Geld bei der EZB parken, statt Kredit an Unternehmen zu vergeben, einen „Strafzins“ (-0,20%) zahlen müssen."
Das ist unpräzise formuliert und führt zur Annahme, dass die Geschäftsbanken das Geld der Zentralbank "zurückhalten" würden. Beim Strafzins geht es ja rein um die Zentralbank-Reservekonten der Geschäftsbanken, die können noch so prall gefüllt sein, dieses Geld wird nie in die Wirtschaft kommen. Das geht nur über den Umweg Kreditvergabe einer Geschäftsbank.
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