Donnerstag, 4. September 2014

Die EZB senkt die Zinsen - Die Austeritätspolitik bleibt bestehen

Die EZB hat heute die Zinsen gesenkt. Die Entscheidung sei nicht einstimmig gefallen, hiess es in der Pressekonferenz.

(1) Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte (refi rate) wurde um 10 Basispunkte auf 0,05% gesenkt.

Das ist der sog. Leitzins, zudem die Banken bei der EZB zeitllich befristet Zentralbankgeld gegen Sicherheit umtauschen können.

(2) Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität (lending rate) wurde um 10 Basispunkte auf 0,30% gesenkt.

Das heisst, dass die Banken, wenn sie bei der EZB kurzfristig (über Nacht) Geld ausleihen, 0,3% zahlen müssen

(3) Der Zinssatz für die Einlagefazilität (deposit rate) wurde um 10 Basispunkte auf -0,20% gesenkt.

Das heisst, dass die Banken, wenn sie Geld bei der EZB parken, statt Kredit an Unternehmen zu vergeben, einen „Strafzins“ (-0,20%) zahlen müssen.

Die gesamte Zinsstrukturkurve war im Vorfeld negativ. Was der Zusammensturz der langfristigen Forward Real-Renditen längst andeutete, wurde damit nun Realität.

Die EZB hat zugleich auch den Aufkauf von ABS-Papieren (ABSPP) und Pfandbriefen (CBPP3) angekündigt. Mario Draghi will also den Kreditvergabe-Kanal durch die Banken reparieren.


Euro Real-Rendite Laufzeitprämie (term premium), Graph: Morgan Stanley

Die Zinsen liegen aber seit geraumer Zeit nahe Null Prozent (zero lower bound). Warum? Weil der Privatsektor mit dem Schuldenabbau (deleveraging) beschäftigt ist, während auch die öffentliche Hand die Gürtel enger schnallen muss. Warum? Die Antwort ist die Austeritätspolitik.

Der harsche Sparkurs hängt wie ein Damoklesschwert über dem Euro-Raum. Die Strukturreformen erwürgen die gesamtwirtschaftliche Nachfrage noch mehr. In Europa mangelt es an Nachfrage. Die Zinsen verbleiben niedrig, weil es kaum Schuldner gibt. Das Angebot schafft sich die Nachfrage nicht.

Die Geldpolitik verliert an Wirksamkeit, wenn die Wirtschaft in eine Liquiditätsfalle rutscht. Der massive Anstieg der Notenbankgeldmenge (monetary base) führt nicht zu einem Anstieg der Inflation. 

Es bedarf daher einer expansiven Fiskalpolitik. Weitere Zinssenkungen entfalten nicht mehr als eine kosmetische Wirkung. Sonst nichts. Die Austeritätspolitik gehört abgeschafft. Wie soll sonst die Nachfrage angekurbelt werden? Woher soll das Wachstum kommen? Wie lange sollen einfache Menschen noch leiden? Wann werden die EU-Behörden auf liquidationism verzichten?

PS:

Die Forward Rate (der kurzfristige Zinssatz, zu dem Investoren jetzt Geld leihen oder in Zukunft Geld verleihen wollen) ist der erwartete künftige kurzfristige Zinssatz.

Die Laufzeitprämie bringt den Renditeunterschied zwischen den langfristigen und kurzfristigen Anleihen zum Ausdruck. Es handelt sich dabei um Schätzwerte.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Unter 3 steht:
"Das heisst, dass die Banken, wenn sie Geld bei der EZB parken, statt Kredit an Unternehmen zu vergeben, einen „Strafzins“ (-0,20%) zahlen müssen."
Das ist unpräzise formuliert und führt zur Annahme, dass die Geschäftsbanken das Geld der Zentralbank "zurückhalten" würden. Beim Strafzins geht es ja rein um die Zentralbank-Reservekonten der Geschäftsbanken, die können noch so prall gefüllt sein, dieses Geld wird nie in die Wirtschaft kommen. Das geht nur über den Umweg Kreditvergabe einer Geschäftsbank.