Montag, 12. Oktober 2009

Gasmarkt: Casinobetrieb

Während der Ölpreis bis Mitte September um rund 50% zugelegt hat, hat sich der Gaspreis in diesem Zeitraum halbiert. Warum? Für die Preisentwicklung zu Lasten von Erdgas fallen in erster Linie folgende Faktoren auf: (1) beträchtliche Leerverkäufe (Short-Positionen) und (2) ungewöhnlich hohe Lagerbestände. Die Schwäche des Gaspreis ist dennoch bemerkenswert, zumal die Industriemetalle wie viele Agrarrohstoffe indes auf neue Rekordstände geklettert sind. Die geringe Nachfrage ist erstaunlich, weil Experten davon ausgehen, dass der Substitutionseffekt (Öl durch Gas) in Zukunft aufgrund der grösseren Reserven zunehmen dürfte. Aufmerksamkeit verdient ferner die Tatsache, dass private Haushalte von sinkenden Gaspreisen nicht profitieren können, da der Endpreis für Konsumenten z.B. in Deutschland an die Preisentwicklung von Heizöl gekoppelt ist.


Natural Gas, Graph: wsj.com, market data center

In den vergangenen vier Wochen passierte aber etwas: Der Erdgaskontrakt, der an den US-Terminbörsen gehandelt wird, schoss plötzlich durch die Decke. Ist der Preisanstieg um rund 100% nun fundamental gerechtfertigt? Sicher nicht. Für die Preisrally dürften in erster Linie Spekulationsgeschäfte verantwortlich sein. Sind Investoren auf einmal dazu übergegangen, die Short-Positionen einzudecken? Nicht ganz. Denn Short-Coverings sind i.d.R. nicht von langer Dauer. Wie auch immer ist die Volatilität inzwischen massiv zugenommen: 140% auf 10-Tagesbasis. Das bedeutet, dass der Preis mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 70% täglich Plus & Minus 9% schwanken kann. Wie können sich aber Privatanleger an diesem Markt unter diesen Bedingungen positionieren? Überhaupt nicht. Auch langfristig orientierten Anlegern ist daher zu raten, Finger davon zu lassen. Da es eindeutig irrational ist, in diesem Umfeld zu investieren. Es ähnelt nämlich einem Spielcasino, einem Spekulationsbetrieb. Und Spekulation ist bekanntlich ein Nullsummenspiel. Das heisst, wo der eine gewinnt, verliert der andere. Und es findet streng genommen auch keine Wertschöpfung statt. Der volkswirtschaftliche Nutzen? Dieser liegt sicherlich bei der Bank, die dabei gern den Croupier spielt, wo neben exorbitante Gehälter auch unverhältnismässig hohe Bonis für Manager gedeihen.

Keine Kommentare: