Mittwoch, 7. Oktober 2009

Zurück zum Schatten Bankensystem?

Verbriefung (securitization) und Swap (Vereinbarungen über einen künftigen Austausch von Cash Flows) sind die zwei auffälligsten Erscheinungen der modernen Finanzmärkte. Die Geschichte der Verbriefung geht auf Fannie Mae und Freddie Mac zurück, die in den 1960er Jahren privatisiert wurden und zugleich die Immobilienmärkte dominierten. Verbriefung ist einfach ausgedrückt die Umwandlung eines (an der Börse nicht handelbaren) Kredits in ein Wertpapier. In einem informativen Artikel („Debt-Market Paralysis Deepens Credit Drought“) in The New York Times wird die Ansicht vertreten, dass die Kreditmärkte derzeit wegen der fehlenden Nachfrage nach Asset-Backed Securities (ABS) ausgetrocknet sind. Das bedeutet, dass niemand in ABS, die auf Hypotheken (MBS) beruhen, investieren will. M.a.W. kann eine Bank, die einen Hypothekenkredit gewährt hat, diesen nicht weiterverkaufen und auf diese Weise das Ausfallrisiko nicht mehr loswerden kann. Das heisst, dass das "Originate to Distribute-Modell" nicht mehr funktioniert.

James Kwak erläutert in The Baseline Scenario kurz und bündig, warum es zu einem Verbriefungs-Boom gekommen ist. Das Konzept basierte auf der Bereitschaft der Anleger, daran zu glauben, was Ratingagenturen und Investmentbanken von diesen Wertpapieren hielten: Der Kauf eines Mortgage-Backed-Security bedeutet ein Darlehen vergeben. In der Regel ist es so, dass niemand ohne Nachweis an jemanden Kredit vergibt, der nicht in der Lage ist, den Kredit (oder die Zinsen, welche das Risiko kompensieren sollen) zurückzuzahlen. Die Verbriefungs-Blase entstand, so Kwak, weil Investoren gewillt waren, diese Entscheide (über das Ausfallrisiko) als outsourcing an andere Leute, z.B. Ratingagenturen und Banken, welche andere Anreize von ihnen hatten, zu übertragen. Nun herrscht unter Investoren die Stimmung, dass sie den Banken nicht mehr vertrauen, weil diese für jedes Geschäft saftige Honorare einkassieren, zumal die Investoren nicht einmal wissen, was in diesen Produkten steckt. Aber auch die Ratingagenturen leiden unter Vertrauensverlust, da sie ja von den Banken bezahlt werden, deren Produkte sie mit Ratings bewerten. Fazit: Investoren kaufen solche Produkte nicht mehr. Wie soll es nun weitergehen? Der Verbriefungsmarkt ist in einer misslichen Lage. Soll man aber deswegen zu Shadow Banking System zurückgehen? Paul Krugman ist nicht der Meinung. Er beschreibt in seinem Blog, dass die Menschen vor den 1980er Jahren ihr Geld zu Banken brachten und die Banken Kredite an Kreditnehmer vergaben. Um das Jahr 2007 wurde jedoch der traditionelle Kredit-Kanal von dem Schatten Banken System verdrängt, wo die Kredite verbrieft und an die Menschen verkauft werden. Dann kam es zu der Krise. Die Menschen suchten Sicherheit, d.h. Einlagen unter Garantie. Deshalb nahm die Geldmengegrösse MZM (Bankguthaben und Geldmarkt-Einlagen) stark zu. Das Publikum stürmte die Banken. Aber die Banken waren nicht bereit, diese Gelder als Kredit zu verleihen. Stattdessen legten die Banken die Gelder bei der Fed an. Die Fed hat mittels TALF andere Notmassnahmen eingreifen müssen, um den völligen Zusammenbruch des Kreditmarktes zu verhindern. Alle sind sich heute einig, dass es sich dabei um eine Notlösung handelt und die Fed wieder aus dem Geschäft mit der privaten Kreditvergabe aussteigen soll. Die Frage ist aber, die Krugman stellt: „Warum müssen wir zum Schatten Banken System zurückkehren?“ Er gibt gleich die Anwort: „Die Banken müssen nicht verbriefte Schuldtitel verkaufen, um Kredite zu vergeben.“ Sie könnten gleich anfangen, aus dem Überschuss an Reserven, die sie gegenwärtig halten, wieder Kredite zu gewähren. „Sind wir überzeugt, dass die Verbriefung ein weit überlegenes System ist im Vergleich zu dem herkömmlichen Bankensystem?“, fragt Krugman. „Wenn ja, warum?“. Felix Salmon bemerkt in seinem Blog, dass sich während der Krise herausgestellt hat, dass ein Grossteil der Investoren im Verbriefungsmarkt Banken, insbesondere europäische Banken und SIVs waren, denen es in einem Kunststück von regulatorischer Arbitrage gelang, zu entdecken, dass es keine Rolle spielte, welchem Kredit-Exporuse sie ausgesetzt waren, solange die Papiere mit AAA-Rating beschmückt waren. Felix ist über den gegenwärtigen Mangel an Sekuritisierung nicht unglücklich. Es zeige, dass es immer noch etwas gesunden Menschenverstand in der Welt gibt.

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