Montag, 26. Oktober 2009

Dan Tarullo: Obamas Fed-Gouverneur

Wie die aktuelle Finanzkrise gezeigt hat, hat das Problem „too big to fail“ den Staat zu Bail out-Massnahmen historischen Ausmasses veranlasst. Die „lender of last resort“-Funktion der US-Notenbank (Fed) hat zugleich die „Moral Hazard“-Problematik offengelegt: Während die Gewinne den Investoren zugute kamen, übernahm die Öffentlichkeit die Verluste. Es liegt auf der Hand, dass übermässiges risk-taking negative Externalitäten entfaltet. Das muss in Zukunft möglichst vermieden werden. Die Obama-Regierung will daher durchgreifen. Der Präsident hat in diesem Zusammenhang Dan Tarullo als Bankexperte und Regulierungsbefürworter persönlich zum Fed-Gouverneur ernannt. Simon Johnson befasst sich in The Baseline Scenario mit der aktuellen Rede des Rechtsprofessors.

Dan Tarullo macht keinen Hehl daraus, dass er von der Idee, die Grossbanken zu zerschlagen, nicht viel hält. Er betrachtet die Idee „als provokativ aber nicht mehr als ein Vorschlag“ und setzt stattdessen auf ein Abwicklungsverfahren („resolution mechanism“), welches vom Kongress für systemrelevante Banken entwickelt werden soll. Er sei zuversichtlich, dass der Kongress seine Verantwortung in Bezug die Krise wahrnehmen und für eine Ausweitung der Regulierung auf systemrelevante Banken sorgen werde. Der Reformprozess könne laut Tarullo nicht als Erfolg gewertet werden. Es sei denn, das systemische Risiko und insbesondere das Problem „too big to fail“ (TBTF ) werden dabei erheblich reduziert.

Tarullo erwägt hauptsächlich drei Massnahmen: (1) Die Schaffung eines besonderen Verfahrens für die Auflösung von systemrelevanten Finanzinstituten. Die Federal Deposit Insurance Act sieht einen solchen Prozess für die Banken, aber nicht für die Holding-Gesellschaften. (2) Die Forderung eines „contingent capital“ für Finanzinsititute. Das heisst im Klartext, dass Banken Fremdkapital begeben müssen, die in schwierigen Situationen in Eigenkapital umgewandelt werden können. (3) Eine vernünftige Ausweitung der Offenlegungspflichten für regulierte Finanzinstitute.

Simon Johnson denkt aber, dass die Idee der Einrichtung einer „Abwicklungsbehörde“ der Obama-Regierung ein theoretisches Konstrukt ist, welches keine erkennbaren praktischen Auswirkungen haben würde. Warum? Wie die Schweizerische Nationalbank (SNB) bereits kurz nach dem Ausbruch der Krise hervorgehoben hatte, ist die geordnete Liquidation eines systemrelevanten Instituts „aufgrund der grenzüberschreitenden Tätigkeiten und engen Verknüpfungen mit wichtigen Gegenparteien und Märkten praktisch unmöglich.“ Die SNB hatte im Übrigen als erste Notenbank der Welt die Idee präsentiert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Finanzmarktstrukturen so anzupassen, dass in extremen Krisensituationen eine geordente Liquidation groser Finanzinstitute vereinfacht bzw. ermöglicht wird. Zur Reduzierung der Kosten eines Bankenkonkurses bedarf es aber eines klar vordefinierten und international koordinierten Liquidationsverfahrens.

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