Montag, 30. November 2015

Angebot-Nachfrage: Austerität und Wachstum

Wenn die Märkte fehlschlagen, die Nachfrage nach Liquidität in dem von der Zentralbank anvisierten Ausmass zu decken, interveniert die Zentralbank, indem sie Reserven an die Finanzinstitute verleiht bzw. Wertpapiere am offenen Markt kauft.

Die seit dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 von den modernen Zentralbanken verfolgte QE-Politik beruht auf dieser Vorstellung: Die Notenbank agiert als lender of last resort, um den Zinssatz in Richtung Zielwert anzusteuern.

Die anhaltende Krise und die schweren Folgen werfen in diesem Kontext viele Fragen auf. Eine der gewichtigsten Fragen betrifft die Wirtschaftsmodelle: Welche Veränderungen wird es nun geben?

Ein wichtiges Thema ist die Angebotsseite. Was ist damit gemeint? Paul Krugman erklärt es in seinem Blog: Diejenigen, die die Krise gestützt auf ein einfaches Hicks’sches Modell unter die Lupe genommen haben, sind damit ganz gut gefahren.

Die Voraussagen trafen zu: (1) solange die Wirtschaft nahe Null-Grenze (zero lower bound) verweilt, führt der massive Anstieg der Notenbankgeldmenge (monetary base) nicht zu einem Anstieg der Inflation, (2) Haushaltsdefizite treiben die Zinsen nicht in die Höhe und (3) wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, sind die Multiplikatoren der Fiskalpolitik grösser als sonst. Und die Austeritätspolitik löst böse Konsequenzen aus.

Nichts, was seit 2008 passiert ist, steht im Widerspruch zu diesen Aussagen.


Die Korrelation zwischen Wirtschaftswachstum und Austerity, Graph: Paul Krugman in NYTimes



Krugman will aber damit nicht behaupten, dass die Daten belegen, dass die Hicks/Keynes-Modelle richtig sind. Der Punkt ist, dass die offensichtlichen Vergleiche z.B. zwischen Austerität und Wachstum zeigen, dass die vorliegenden Daten die Aussagen eines Keynesianers bestätigen.

Was in diesem Umfeld aber nicht funktioniert hat, ist das gesamtwirtschaftliche Angebot.

Ein grosses Problem betrifft dabei die Abwesenheit von Deflation in den USA. Die (accelerationist) Phillips-Kurve, die als Norm (Inflation hängt von der Arbeitslosigkeit ab) verwendet wird, schien mit den Erfahrungen aus früheren Rezessionen im Einklang zu stehen. Das heisst, dass die Inflationsrate in Abschwungsphasen zurückfällt, was man auch anhand von Abbildungen der „im Uhrzeigersinn-Spiralen“ sehen kann.

Was in den 1970er und 1980er Jahren funktioniert hat, trifft aber heute nicht mehr zu. Die Frage ist daher, warum die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit nach 2008 die Wirtschaft nicht in eine Deflation geschleudert hat?

Es gibt populäre Geschichten als Antwort darauf, wie die z.B. von der abwärtsgerichteten Lohn-Starrheit (downward nominal wage rigidity), die die Phillips-Kurve bei Niedriginflation als nicht-vertikal formt, wenn die Inflationserwartungen verankert sind.

Das mag alles zutreffen. Aber Fakt ist, dass die Debatte über die Makroökonomie die Abwesenheit von Deflation in den Modellen nie vollständig mitberücksichtigt hat, wie Krugman es zum Ausdruck bringt.

Ein anderes grosses Problem betrifft den dramatischen Rückgang der Schätzungen des Produktionspotenzials (potential output), was eindeutig mit der Tiefe der konjunkturellen Einbrüche und der Austeritätspolitik zusammenhängt.

Was ist nun aus den oben beschriebenen angebotsseitigen Ausfällen (der Doktrin, die vor der Krise vorherrschte) zu schliessen?

Die politische Moral laut Krugman ist die grosse Gefahr, die aus übermässig kontraktiver Wirtschaftspolitik ausgeht:

Eine Zentralbank, die Preisstabilität anstrebt, mag sich auf die Schultern klopfen, dass es während der schweren Krise nicht zu einer Deflation (wie in den 1930er Jahren) gekommen ist. Aber die Zentralbanken fallen heute sehr weit hinten, was die Bereitstellung von Stimulus für die Wirtschaft angeht.

Die restriktive Fiskalpolitik erweist sich in einer Liquiditätsfalle als schrecklich sowohl kurzfristig als auch langfristig, wie es sich heute am Beispiel der Eurozone beobachten lässt.






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