Während die Fed
im Oktober die Weichen für eine erste Zinserhöhung seit fast zehn Jahren
gestellt hat, ist die EZB besorgt,
dass die Inflationserwartungen nicht (mehr) verankert sind.
Die meisten Mitglieder des geldpolitischen
Ausschusses der Fed (FOMC) gehen laut dem Sitzungsprotokoll von Oktober davon
aus, dass die Bedingungen für eine Zinserhöhung im Dezember erfüllt sein
dürften.
Die EZB hingegen schickt sich an, in den kommenden
Wochen gestützt auf die QE-Politik (genannt PSPP) noch mehr Liquidität in den
Markt zu pumpen. Das Ziel ist, für mehr Inflation zu sorgen. Der Zielwert rückt
nämlich in zwischen immer weiter in die Ferne.
Im am Donnerstag veröffentlichten Sitzungsprotokoll
von Oktober unterstreicht die EZB, dass die Inflationserwartungen (gemessen an 5y5y forward inflation swap rates)* per
20. Oktober 1,7% betragen. Die
Messgrösse gibt an, was die Finanzmärkte erwarten, wo die Inflation in 5 Jahren
liegen wird.
Wachstumserwartungen für den Euroraum, Graph: Peter Praet, ECB, in: “Monetary policy under uncertainty”, Nov
19, 2015
Bedenklich sind v.a. die Wachstumsaussichten in Europa.
Die Wachstumserwartungen der Prognostiker 5 Jahre voraus fallen seit 2001
kontinuierlich, wie Peter Praet,
Chefvolkwirt der EZB am Donnerstag mit der folgenden Abbildung darlegt.
Das ist insofern für den geldpolitischen Kurs
entscheidend, als die schwachen Wachstumserwartungen in Bezug auf die Zukunft
sich in die Gegenwart einbetten und den Abwärtsdruck auf die Inflation
verstärken.
Seit 2008 hat die Eurozone zwei Abschwungsphasen und mit
der Wachstumsschwäche einen raschen Anstieg der Arbeitslosigkeit erlebt, zumal
auch die Löhne nicht steigen, was auf dem privaten Verbrauch lastet und damit die Beschäftigung gedämpft bleibt.
Produktionslücke (output gap) im Euroraum, Graph: Peter Praet, ECB, in: “Monetary policy under uncertainty”, Nov
19, 2015
Die disinflationäre Wirtschaftspolitik in Europa
hat damit katastrophale Folgen hervorgerufen. Die Erholung der Wirtschaft verschiebt sich daher immer hinaus. Die Eurozone scheint sich bereits auf dem Weg einer secular stagnation zu befinden.
Output-Entwicklung im Euroraum, Graph: Peter Praet, ECB, in: “Monetary policy under uncertainty”, Nov
19, 2015
Praet, Mitglied des EZB-Direktoriums fordert zwar
Strukturreformen von den Regierungen. Aber wenn die EZB rechtzeitig als lender of last resort agiert hätte, wäre der Schaden nicht so gross gewesen und nicht
so viel Human Capital vernichtet
worden.
Wo sind die Investitionen im Euroraum?, Graph: Peter Praet, ECB, in: "Monetary policy under uncertainty", Nov 19, 2015
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