Sonntag, 29. November 2015

Why Minsky Matters

Buchbesprechung:

L. Randall Wray: Why Minksy Matters. An Introduction to the Work of a Maverick Economist. Princeton University Press, New York, London, 2016.

Nach dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 ist in manchen Kommentaren der Ausdruck „Minsky Moment“ aufgetaucht. Damit wurde im Grunde genommen Hyman Minskys „financial instability hypothesis“ Respekt gezollt.  

Die Hypothese beschreibt die Transformation einer Volkswirtschaft von einer „robusten“ zu einer „fragilen“ Finanzstruktur.

Minskys Maxime „stability is destabilizing“ betrifft in der Praxis eine Reihe von Finanzkrisen in den vergangenen Jahrzehnten, wie z.B. savings and loan crisis in den 1980er Jahren, Aktienmarkt-Crash von 1987, LMTC Zusammenbruch (1998), Enron (2001) und dot-com Kollaps (2000-2001).

Jede der genannten Krisen hat am Schluss zu massiven Eingriffen der öffentlichen Hand geführt. Minskys „stages Ansatz" basiert genau auf dieser Vorstellung, dass eine Abwärtsspirale der Finanzmärkte nur durch den Staat verhindert werde. Und damit werde eine erhöhte Risikobereitschaft mit mehr Fremdkapitalaufnahme (leveraging) gefördert.

Deshalb hat Minsky in seiner Gedankenwelt den Satz die „Stabilität destabilisiert“ geprägt. Und er hat nie an die Geschichte von „rising tide lifts all boats“ (d.h. dass dank der Marktdisziplin der Lebensstandard aller Menschen steigen würde) geglaubt.

Minskys Kritik richtete sich in erster Linie an die mainstream economics, die davon ausging, dass die Wirtschaft sich selbst stabilisiert, weil die Marktkräfte die Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht bringen würden. Seiner Ansicht nach ist die „interne Dynamik der modernen Wirtschaft nicht nach Gleichgewicht getrachtet“: 

Das System ist nicht stabil. Laissez-faire ist ein Rezept für wirtschaftliche Katastrophe. Die neoclassical (mainstream) economics ist nicht brauchbar, weil sie sich dagegenstemmt, zu erkennen, dass es auf das Finanzsystem ankommt.

In diesem Zusammenhang hebt Minsky institutionelle Zwänge (institutional constraints), die er später circuit breakers (Sicherungsautomat) umgenannt hat, hervor, angelehnt an Paul Samuelsons berühmtes linear-accelerator Modell, um die Instabilität zu bekämpfen. Die Hauptrolle entfällt dabei auf (1) „Big Government“, das Schatzamt, das eine antizyklische Fiskalpolitik (Überschuss im Haushalt in Zeiten von Expansion, und Defizit in Zeiten von Rezessionen) verfolgt und (2) „Big Bank“, die Zentralbank, die den den Fed Fund Markt pflegt und als lender of last resort agiert, und zwar möglichst via discount window (einschliesslich der Schatten-Banken).

Wir brauchen einen neuen New Deal (1933-1938) a la Roosevelt mit WPA (Works Progress Administration), um Arbeitsplätze zu schaffen, so lautete die Botschaft von Minsky, der für gezielte Staatsausgaben war und daher eine „typische“ Wirtschaftspolitik nach Keynes ablehnte.

Eine der Aussagen, die Wray öfters wiederholt, ist, dass die Fed, wenn es darauf ankommt, via discount window interveniert anstatt via Openmarktgeschäfte. Denn eine Zentralbank hat Geschäfts-, Aufsichts- und Überprüfungs-Beziehungen zu Banken und den Märkten, wenn sie viel darüber wissen will, was sich dort abspielt.

Eine Kürzung der Verantwortlichkeit für die Überprüfung und Aufsicht würde deshalb die Fähigkeit der Fed beeinträchtigen, ihre geldpolitischen Funktionen angemessen auszuüben. Die Zentralbank ist in dem Ausmass darüber im Bild, was in der Wirtschaft vor sich geht, wie sie die Banken begutachtet. Öffnung des discount windows bedeutet daher, dass die Banken, die bei der Zentralbank anklopfen, um Liquidität gegen Sicherheiten (collateral) zu bekommen, einen Einblick in ihre Bücher gewähren müssten. Würde auch das Shadow Banking System eingeschlossen, wäre die Zentralbank auch über die Entwicklung ausserhalb des Bankensystems gut informiert.

Minkskys Reformvorschläge zur Förderung eines umsichtigen Bankensystems beinhaltet im Wesentlichen vier Punkte: (1) Verbesserung des underwriting, (2) erhöhte Eigenkapitalanforderungen, (3) bessere Auswertung der Banken durch discount window und (4) mikro- und makroprudentielle Regulierung.

Anstelle von Machtkonzentration in den Händen von einigen wenigen Grossbanken zieht Minsky es vor, kleinere Finanzinstitute zu fördern, die eine breitere Palette von Dienstleistungen bieten, was Wray intensifying banking nennt.

Dieses wertvolle Buch ist keine Biographie, sondern es stellt Minskys alternativen Ansatz für Wirtschaftstheorie und –politik vor, und erklärt, warum es darauf ankommt: Minsky war davon überzeugt, dass die Aufrechterhaltung der Vollbeschäftigung und Abbau der Armut und Ungleichheit wesentlich sind, um Finanz- und Wirtschaftsstabilität zu verstärken.

Minsky hat an der University of Chicago (1919-1996) Mathematik und Wirtschaftswissenschaften studiert. Dann war er an der Harvard University und später an der Brown University wissenschaftlich tätig. Am Schluss hat er von der University of California, Berkeley zu Washington University in St. Louis gewechselt. Obwohl er als post-Keynesian erwähnt wird, bevorzugt er die Bezeichnung „financial Keynesian“.

Minsky hat den Verbrauch als die stabilste Komponente der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage betrachtet und daher einen höheren Privatkonsum höheren Investitionen vorgezogen.

L. Randall Wray, der Wirtschaftsprofessor an der University of Missouri, Kansas City ist, liefert ein unentbehrliches Werk; erstklassig, unbedingt lesenswert.









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