Sonntag, 12. Februar 2012

Schuldenabbau: USA versus Euro-Zone

Das amerikanische Haushaltsdefizit ist im Januar wegen höherer Steuereinnahmen (+18%) gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Grund dafür ist Deficit Spending.

Wäre Obama auf die Vorschläge der Anhänger der klassischen Lehre eingegangen, wäre das Haushaltsdefizit im Januar nicht (auf 27 Mrd. $) gesunken. Welche Vorschläge waren es? Kürzung der Staatsausgaben und eine Straffung der Geldpolitik, d.h. eine Zinserhöhung durch die US-Notenbank.

Die USA machen also (im Gegensatz zu Euro-Zone) beim Schuldenabbau Fortschritte, was kürzlich in einem aktuellen Bericht von McKinsey Global Institute dokumentiert wurde.

Die EZB, die unter Jean-Claude Trichet der Doktrin der expansiven Sparpolitik (expansionary austerity) gefolgt ist, hatte im April und Juli 2011 die Zinsen erhöht, weil sie sich zu sehr um eine angebliche Hyperinflationsgefahr Sorgen gemacht hatte. Die rigorosen Sparmassnahmen haben inzwischen die Wirtschaft in der Euro-Zone abgewürgt.

Paul Krugman hatte in seinem Blog auf den oben erwähnten McKinsey Bericht hingewiesen.


Schuldenabbau (deleveraging) in den USA nach Sektoren, Graph: McKinsey Global Institute in: “Debt and Deleveraging: Uneven Progress on the Path to Growth

Berücksichtigt man den Finanzsektor nicht, wie Krugman in seinem Blog nahelegt, dann stellt man fest, dass der Anstieg der Verschuldung der öffentlichen Hand genau dem Rückgang der Verschuldung des privaten Sektors (private Haushalte + nicht-finanzielle Unternehmen) entspricht. Die Gesamtverschuldung in der Wirtschaft ist also in den USA nicht angestiegen, trotz des Anstiegs der Staatsausgaben.

Die europäischen Entscheidungsgträger haben von Anfang an die staatlichen Schulden als Ursache der Euro-Krise in den Vordergrund gerückt und Fiscal Austerity verordnet. Die wirtschaftlichen Probleme in der Euro-Zone sind aber niemals auf schlechte Haushaltsführung zurückzuführen, wie sich deutlich nachweisen lässt. Fiskalpolitische Kontraktion ist nicht expansiv. Das aktuelle „Experiment“ von Merkozy führt es nun endgültig vor Augen.

Nun erholt sich die US-Wirtschaft dank Deficit Spending. Und die Euro-Zone versinkt wegen Fiscal Austerity erneut in einem Abschwung, mit deflationären Folgen.

Exkurs:

Krugman zieht es vor, bei der Berücksichtigung des Geschehens um den Schuldenabbau den Finanzsektor aussen vor zu lassen, weil die Schulden des Finanzsektors sich konzeptionell von den Schulden der nicht-finanziellen Unternehmen sehr unterscheiden. Man betrachte zwei Banking-Systeme. In dem einen verleihen die Banken die Einlagen direkt an die Kunden. In dem anderen werden viele Einlagen durch den Interbankengeldmarkt (wholesale market) geliehen und dann an die nicht-finanzielle Kunden weiter verliehen.

Das zweite Banking-System weist im Finanzsektor eine viel höhere Verschuldung auf. Und es ist im realen Sinne riskanter als das erste Banking-System. Aber die Realwirtschaft ist nicht viel höher verschuldet als im ersten System. Im Allgemeinen hat die Verschuldung im Finanzsektor mit der internen Organisation der Intermediation zu tun. Und es ist nicht die gleiche Art der Sache, als wenn Haushalte oder Unternehmen eine Menge Schulden führen würden.

Wenn man also den Finanzsektor ausschliessst, zeigt die Schlussfolgerung des aktuellen McKinsey Berichts, dass die USA in Sachen Schuldenabbau erhebliche Fortschritte erzielt haben. Die Gesamtverschuldung ist mehr oder weniger seit Ende 2008 flach geblieben. Die Verlagerung der Schulden weg von überschuldeten privaten Haushalten hin zu den Schulden der öffentlichen Hand, welche durch Schulden nicht eingeschränkt ist, ist laut Krugman ein grosses Plus, was den Weg für die Erholung der Wirtschaft ebnet.

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