Dienstag, 14. Februar 2012

Produktionslücke und Nachfrageschock

James Bullard hat vergangene Woche mit einem wunderlichen Vortrag (“Inflation Targeting in the USA”) eine nicht unerhebliche Anzahl von kritischen Reaktionen (Paul Krugman, Mark Thoma, Noah Smith usw.) ausgelöst.

Die bisher einzige wirkliche Unterstützung für Bullards Standpunkt kam von David Andolfatto.

Kurz zusammengefasst argumentiert der Präsident der Fed St. Louis in seinem Vortrag gegen das Konzept von Output Gap (Produktionslücke) im Rahmen der Geldpolitik.

Die jüngste Rezession habe laut Bullard die Idee unterstützt, dass es in der US-Wirtschaft eine grosse Produktionslücke gebe und die Output Gap die Inflation in Schach halte. „Wenn wir an diese Interpretation der Ereignisse glauben, kann es für die USA sehr schwierig werden, jemals wieder von der Null Untergrenze loszukommen. Dies könnte eine drohende Katastrophe für die USA bedeuten“, schildert Bullard. Er möchte sich gegen die Ansicht von Output Gap stellen, weil es konzeptionell in der jetzigen Situation unangemessen sei.

Bullard scheint aber die Definition von Output Gap nicht zu verstehen. „Die Schätzungen des potenziellen BIP sind nicht einfach Hochrechnungen des tatsächlichen BIP vom Höhepunkt der letzten Konjunkturzyklen. Es sind Schätzungen des maximalen nachhaltigen Output (Produktion) bei Vollbeschäftigung. Das Rückgrat der CBO-Schätzungen ist ein Wachstumsmodell von Solow“, wie Tim Duy in seinem Blog erklärt.


Private Ersparnisse minus Private Investitionen, Graph: Prof. Tim Duy

Was Bullard sagt, ist, dass das neoklassische Wachstumsmodell von Solow und ähnliche Modelle falsch sind. Er sagt, dass eine Veränderung im Preis von Vermögenswerten eine dauerhafte Veränderung im Gleichgewicht von Kapitalstock/Arbeit-Ratio (d.h. Kapitalintensität) verursachen kann.

„Bullard kann nicht sagen, dass das Wachstumsmodell von Solow falsch ist, weil er nicht erkennen kann, dass ein solches Modell die Grundlage für die Schätzungen ist, die er kritisiert“, erläutert der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor.

Bullard versucht, einen Schock auf der Nachfrageseite zu nutzen, um seine Behauptungen zu rechtfertigen, dass die Schätzungen des potenziellen BIP zu hoch sind.

Das ist eine Angelegenheit der Nachfrageseite. Wäre der Output höher, wäre auch die Nachfrage nach Arbeit höher, legt Duy dar. Bullard schliesst aus einem Rückgang des Wealth Effect einen Rückgang des privaten Verbrauchs und nimmt an, dass ein Rückgang des Konsums einen Schock in Bezug auf das potenzielle BIP bedeutet, wobei er auf diese Weise Nachfrage mit Angebot verwechselt.

Die Bestimmung des Potenzialwachstums ist für die Geldpolitik sehr wichtig. Wenn ich auf VWL-Vorlesungen im Studium zurückgreifen darf, wird das tatsächlich erzielte Wirtschaftswachstum mit dem maximal möglichen Wachstum in einer Volkswirtschaft (Potenzialwachstum) verglichen, um einschätzen zu können, ob in einer Wirtschaft beispielsweise Überhitzungsmöglichkeiten bestehen. Mit Hilfe des Potenzialwachstums wird auch die Produktionslücke (output gap) geschätzt.

Die Bestimmungsfaktoren des Potenzialwachstums sind (a) das Arbeitsangebot, (b) die Produktivät und (c) der Kapitaleinsatz. Und die Faktoren befinden sich oft im Wandel. Die Produktionslücke ist also die prozentuale Abweichung des BIP vom geschätzten gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials.

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