Dienstag, 7. Februar 2012

Null-Zinsen und Depression

(Wonkish)

Bill Gross fordert in einem Artikel („Zero-based money risks trapping recovery“) in FT (weiterhin) eine Erhöhung der Zinsen durch die Fed, um die schwere Krise zu bekämpfen. Der Fondsmanager und Gründer von PIMCO ist nicht allein.

Auch die Very Serious People (VSP) fordern eine Zinserhöhung. Und eine wachsende Zahl von Geschichten über die Notlage der Sparer gesellt sich dazu.

Wie stehen aber Null-Zinsen und die Depression zueinander?

Ja, die Wirtschaft steckt nach wie vor in einer Depression, auch wenn der Arbeitsmarktbericht im Januar für positive Schlagzeilen gesorgt hat. Es gab zwischen 1933 und 1937 eine Menge Beschäftigungswachstum. Dennoch war es eine Depression, erklärt Paul Krugman in seinem Blog.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor unterstreicht, wie heikel die Sache bezüglich der Zinsen ist. Es gibt nämlich allem Anschein nach zwei Theorien zur Erklärung des Zinssatzes: (1) loanable funds, was Angebot und Nachfrage für Einsparungen betrifft und (2) liquidity preference, wo es um das trade-off zwischen Geld und Anleihen geht.

Welches der beiden Modelle trifft zu? Beide, weil Ersparnisse und Investitionen vom BIP abhängen. Und dsa BIP ändert sich. Das ist laut Krugman ein Punkt für den Ansatz des IS-LM-Modells (mehr dazu hier).


Angebot und Nachfrage für Ersparnisse, Graph: Prof. Paul Krugman

Was geschieht also, wenn die Wirtschaft an der Untergrenze von Null ankommt?

Man kann dazu das Angebot und die Nachfrage für die Ersparnisse zeichnen, was vorherrschen würde, wenn die Wirtschaft auf Vollbeschäftigung wäre, wie in der Abbildung zu sehen ist.

Das Problem ist, aus welchem Grund auch immer (in der Gegenwart hauptsächlich aus dem Grund, dass nun nach einer Ära der Selbstgefälligkeit in Bezug auf Kreditaufnahme, Schuldenabbau, d.h. deleveraging, stattfindet), dass der Zinssatz, welcher Ersparnisse und Investitionen angleichen würde, negativ ist. Das geht leider nicht, weil die Leute Bargeld halten, statt Geld mit einem Verlust zu verleihen, erklärt Krugman. Daher herrscht ein „aufkommendes“ Überangebot an Ersparnissen, welches nicht durch den Rückgang des Zinssatzes beseitigt wird, sondern durch den Rückgang des Einkommens, d.h. einer Depression.

Die Abbildung mag aus Mikroökonomie vertraut vorkommen. Es ist aber mehr als nur ein wenig Standard-Analyse einer Preisuntergrenze, die ein anhaltendes Überangebot an einem Gut schafft, wie z.B. die europäischen Preisuntergrenzen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, welche Butterberge, Weinseen usw. verursachen.

Ein Weg, über die Makro-Politik in einer Liquiditätsfalle nachzudenken, ist, dass man versucht, den aufkommenden Überschuss zu reduzieren, z.B. durch die Staatsausgaben, um die überschüssigen Ersparnisse zu verwenden, erläutert Krugman.

Aber was die Leute, die eine Zinserhöhung fordern, ist, dass wir die Preisuntergrenze, die den Überschuss verursacht, aufheben, und höher stellen.

Das würde bedeuten, dass die Sparer höhere Zinsen bekommen, genau wie die Bauer für ihre Butter höhere Preise bekommen wollen. Aber Ökonomen, die sich an der freien Marktwirtschaft orientieren, sollten wissen, dass man nicht einfach höhere Renditen verordnen kann, ohne einen Preis für eine Störung in der Wirtschaft zu zahlen.

Exkurs:

Nach dem Liquiditätspräferenzmodell (liquidity preference model) des Zinssatzes wird der Zinssatz durch Angebot und Nachfrage nach Geld bestimmt.

Nach dem Modell des Kreditmarktes (loanable funds model) wird der Zinssatz durch die Angleichung von angebotenen und nachgefragten Mitteln auf dem Kreditmarkt bestimmt.

Keine Kommentare: