Freitag, 4. Mai 2012

Was die EZB unter Wachstum versteht


Seit dem François Hollande, der Präsidentschaftsanwärter in Frankreich eine Neuverhandlung des EU-Fiskalpaktes fordert und einen Wachstumspakt für die Euro-Zone vorschlägt, scheint es zu einem Politikwechsel in Europa zu kommen. Jose Manuel Barroso, der EU-Kommissionspräsident sagte kürzlich, dass das Wachstum die Antwort auf die Euro-Krise sei. Auch Mario Draghi, der EZB-Präsident hat gestern zum ersten Mal das Wort Wachstum in den Mund genommen.

Fest steht, dass das von der Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgenötigte harsche Spardiktat endgültig gescheitert ist. Die Arbeitslosigkeit ist in der Euro-Zone auf 10,9% gestiegen. Das entspricht einem 13-Jahreshoch. Während die Arbeitslosenquote in Barcelona auf 21,6% geklettert ist, gerät Spanien in die Rezession. Auch in den Niederlanden herrscht wegen des rigorosen Sparkurses der EU eine schwere Regierungskrise.

Was meinen aber die Entscheidungsträger in Europa, wenn sie plötzlich von Wachstum reden? Was versteht v.a. der EZB-Präsident unter Wachstum? Wie Draghi gestern auf der EZB-Pressekonferenz unterstrichen hat, will er von der Austeritätspolitik nicht ablassen.

Draghis Version von Wachstumspakt enthält laut The Economist drei Aspekte:

(1) EZB-Chef will die Strukturreformen vorantreiben, insbesondere, was den Arbeitsmarkt betrifft. Draghi hat vor, den Wettbewerb zwischen Unternehmen in Bezug auf die „Flexibilität der Arbeit“ fördern.

Heisst es Lohnzurückhaltung und Sozialabbau?

(2) Draghi befürwortet mehr Investitionen in Infrastruktur auf der europäischen Ebene und die Sicherstellung einer besseren Zusammensetzung von Haushaltskürzungen, mit Fokus auf den Abbau von laufenden Staatsausgaben als Steuererhöhungen.

(3) Draghi will, dass die Politiker einen haushaltspolitischen Weg für die nächsten 10 Jahre vorgeben, mit der Delegation von Haushaltshoheit in gewissem Masse in die Mitte, ohne das die Euro-Zone zu einer Transfer-Union wird.

Wie die NachDenkSeiten nahelegt, ist der Begriff Wachstum „dehn- und frei interpretierbar“. Man muss daher genau hinterfragen, was die europäischen Staats- und Regierungschefs nun mit „Wachstum“ meinen.

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