Montag, 14. Mai 2012

Symmetrische Risiken


JP Morgan Chase hat 2 Mrd. $ verzockt. Wie ist es möglich, so viel Geld so schnell zu verlieren? Die kurze Antwort lautet: leverage (Hebelwirkung), bemerkt James Hamilton in seinem Blog.

Obwohl die Einzelheiten nicht bekannt sind, ist es wahrscheinlich, dass das Geschäft mit Derivaten zu tun hat, die aus risikoreichen Komponenten einiger europäischen Unternehmensanleihen bestehen. Man kann heute anhand von Derivaten Wertpapiere oder Teile davon kaufen oder verkaufen, wie man selbst nicht besitzt, was aber eine mögliche Verpflichtung beinhaltet, mehr Geld als man hat, zu liefern, erklärt der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor.

Wenn der Markt gegen einen spielt, dann muss man ein beträchtliches reales Bargeld bereitstellen, um die Verpflichtung einzulösen. Gerade dieser Prozess scheint, die plötzlichen Verluste produziert zu haben, hebt Hamilton hervor. Das notionale Exposure des als Londoner Wal genannten Händlers auf einen Index  betrug im April 100 Mrd. $.

Die Gesamtsumme an notional Exposure von JP Morgan beläuft sich schätzungsweise auf 79 Billionen (d.h. 10 hoch 12)! Billionen für ein Unternehmen, welches ein Eigenkapital von 140 Mrd. $ hat, wobei es zu berücksichtigen gilt, dass das Eigenkapital rasch abnimmt.


Tri-Party Repo System, Graph: Prof. Darrell Duffie, Standford University
PS: Tri-Party Clearing-Banken: JP Morgan und Bank of New York Mellon

Paul Krugman legt in seinem Blog nahe, dass JP Morgan im Fall des Träders „Londoner Wal“ in Finanztricks mit wenig oder keinem sozialen Wert engagiert sein mag. Die Rolle der fremdfinanzierten Wetten durch Derivate ist, denjenigen, die wirklich wissen müssen, was die zugrunde liegenden Wertpapiere wert sind, zu ermöglichen, den Markt zu veranlassen, die einschlägige Bewertung zu korrigieren. Wenn man aber das Geld anderer Leute einsetzt, wobei der Gewinn einem selbst zufällt und die anderen für den Verlust aufkommen müssen, dann sind solche Wetten nicht im Interesse der Öffentlichkeit, fügt Hamilton hinzu.

JP Morgan ist „Too big to fail“ (für Definition siehe hier und hier), hält Hamilton fest und deutet auf eine Forschungsarbeit („Replumbing Our Financial System“) von Darrell Duffie hin. Der an der Standford University unterrichtende Wirtschaftsprofessor macht in seinem Analysen auf die Schwachstellen des Tri Party Repo-Markets aufmerksam, welcher in der Mitte des US-Finanzsystems steht.

Duffie denkt, dass das System inhärent instabil ist, da die Händler-Banken entscheidend auf die Fähigkeit und die Bereitschaft der Clearing-Banken (d.h. JP Morgan und Bank of New York Mellon) angewiesen sind, welche die kurzfristige Finanzierung jeden Tag neu bereitstellen.

Angesichts der systemischen Relevanz der Tri-Party-Clearing-Agenten und angesichts ihrer hohen Fixkosten und der zusätzlichen Skaleneffekte müssten die Clearing-Dienstleistungen für Händler und Cash-Anleger via einem zugehörigen Regulierungsversorger erfolgen, erklärt Duffie.

Obwohl dadurch wahrscheinlich die Kosten für die Marktteilnehmer zunehmen würden, würden die Investitionen damit in einem technologisch und finanziell mehr fortgeschrittenen Umfeld getätigt, was im Angesicht von finanziellen Schocks (z.B. Ausfall eines grossen Händlers) grössere Widerstandsfähigkeit des Tri-Party-Repo-Marktes bedeuten würde.

Auch das Moral-Hazard-Problem im Zusammenhang mit dem „lending of last resort“ wäre damit kleiner als im Fall eines einzigen Finanzinstituts mit einem breiten Umfang von Risikobereitschaft, ist Duffie überzeugt.

Fazit: Es muss noch viel unternommen werden, um die finanzielle Stabilität sicherzustellen. Die grossen Banken müssen in die Schranken gewiesen werden. Die Banken brauchen keine spekulative Leverage, sondern mehr Eigenkapital.

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