Sonntag, 13. Mai 2012

Geschäftsmodelle mit verhängnisvollen Wetten


Während die Austeritätspolitik auf beiden Seiten des Atlantiks Humankapital vernichtet und weiterhin viel menschliches Leid verursacht, scheinen Banken mit Fehlspekulationen im inzwischen deutlich eingeschränkten Eigenhandel nicht aufhören zu wollen.

Es ist diesmal JP Morgan, die die Welt in Atem hält. Was verwunderlich ist, warum Jamie Dimon einen guten Ruf als „smart“ geniesst. Nach jedem Abzocke-Skandal stellt sich heraus, dass die Top-Kader der Banken von den einschlägigen Handelspraktiken nichts, aber gar nichts verstehen. Wie sollen sie Geschäftsmodelle angemessen überwachen und kontrollieren, wenn sie sie nicht auffassen können? Der Chef der US-Bank vermarktet sich allem Anschein nach besser als jeder andere seiner Kollegen an der Wall Street.

Vor diesem Hintergrund schreibt Simon Johnson in seinem Blog, dass die erfahrenen Wall-Street-Vorstände und Händler immer darauf bestehen, dass die Versuche, die Wall Street zu regulieren, irreführen, weil das Risiko-Management kompliziert geworden sei. Jeder ist quasi nach dieser Ansicht wie Jamie Dimon mit Liebe zum Detail und mit Sorge um die Quantifizierung der Schattenseite.

In Anbetracht der atemberaubenden Verluste von JP Morgan im Derivate-Geschäft, wobei der volle Umfang der Verluste noch nicht klar ist und noch nicht festgelegt wurde, sehen Jamie Dimon und sein Unternehmen nicht wie jede Art von einem ansprechenden Vorbild aus, schildert Johnson. Die wahren Verlierer in dieser Wendung der Ereignisse sind das Board of Governors des Federal Reserve Systems und der New Yorker Fed, deren Konzept zum Eigenkapital von Banken sich nun als „zutiefst fehlerhaft“ entpuppt hat.

JP Morgan behauptet, über grossartige Risikomanagent-Systeme zu verfügen, welche an der Wall Street als das Beste angesehen werden. Aber was heisst „das Beste an der Wall Street“? Bedeutet es, dass die Führungskräfte und wichtige Mitarbeiter der Bank einen Anreiz haben, grosse Wetten einzugehen und sie falsch darzustellen, um aufgrund von Eigenkapitalrentabilität, bereinigt um das Risiko, fürstlich vergütet zu werden? Kopf: Die Bank gewinnt. Zahl: Alle anderen verlieren. Das ist, was es bedeutet, im modernen Amerika „too big to fail“ zu sein, erklärt der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Die Fed, die mit intelligenten Menschen vollgestopft ist, weiss das natürlich. Um es zu verhindern, erstellt sie jetzt regelmässig „Stresstests“, um zu ermitteln, wie viel Banken verlieren könnten und damit, wie viel Puffer die Banken in Form von Eigenkapital benötigen. Im Frühjahr hat JP Morgan Stress-Tests mit Bravour bestanden, unterstreicht der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Lehren aus den Verlusten von JP Morgan sind einfach. Solche Banken sind zu gross und zu komplex geworden, um vom Management kontrolliert zu werden, was sich abspielt. Und die Aufsichtsbehörden haben keine Ahnung, was los ist. Versuche, diese Banken in einer anspruchsvollen und nuancierten Art und Weise zu überwachen, funktionieren nicht.

Anat Admati und ihre Kollegen an der Stanford University haben Recht, was das Eigenkapital von Banken betrifft. Die Verantwortlichen an der US-Notenbank liegen vollkommen falsch.

Prof. Admati hat vor 18 Monaten Jamie Dimon genau mit Bezug auf diese Fragen ausführlich und detailliert aufgespiesst: hier ist ihr unbedingt lesenswerter Artikel („What Jamie Dimon Won’t Tell You“) in Huffington Post. Sie hat bisher nicht nachgegeben und sie hat Recht: „wir brauchen viel höhere Kapitalanforderungen und viel einfachere Regeln und Fokus auf Hebelwirkung (leverage). Grossbanken müssen gezwungen werden, kleiner zu werden, klein und einfach genug, zu scheitern“, fasst Johnson als Fazit zusammen. Es wird Zeit, dass die Fed sich in dieser Hinsicht bewegt.

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