Das britische Pfund hat im Juni gegenüber dem USD
um 8,77% an Wert verloren. Seit Jahresbeginn hat die britische Landeswährung infolge
der Brexit-Volksbefragung insgesamt um mehr als 12% abgewertet. Damit markiert GBP
ein 31-Jahres-Tief.
Bemerkenswert ist, dass die inflationsindexierten
Staatsanleihen Grossbritanniens mit einer Performance von rund 20% die vergleichbaren Anleihen aus den USA (TIPS) und Deutschland (Linker) in den Schatten
stellen, in Erwartung von geld- und fiskalpolitischen Stimulierungsmassnahmen.
Während Sterling Pound sich als das unmittelbare
Opfer der „Leave“-Entscheidung entpuppt, erfreuen sich Staatsanleihen grosser
Nachfrage.
Da die starke Abwertung erwartungsgemäss die
Preise der importierten Güter erhöhen dürfte, sind die Inflationserwartungen
über die nächsten 5 Jahre (gemessen an Index Swaps) inzwischen auf 3,07% geklettert.
Auch die 10-jährigen Break-even Sätze (Differenz zwischen nominal und real-Renditen)
verbuchen derzeit den höchsten Wert seit Januar.
Die inflationsgeschützte Staatsanleihen
Grossbritanniens, Ertrag im Vergleich zu US TIPS und German Linkers, Graph: Bloomberg
Deutsche Bank Analysten wagen vor diesem
Hintergrund eine extreme Prognose: Das britische Pfund wird weiter fallen, um
10% und die Inflation steigt auf 5,2%.
Das britische Pfund hat 2016 gegenüber dem USD weltweit
am schlechtesten abgeschnitten, Graph:
Bloomberg
Einer von Bloomberg
durchgeführten Umfrage zufolge dürfte die britische Notenbank (BoE) noch in
dieser Woche die Zinsen senken, zum ersten Mal seit 2009. Erwartet wird eine
Zinssenkung um 25 Basispunkte (d.h. 0,25%) auf 0,25 Prozent.
Grossbritannien: Inflationserwartungen, Graph: FastFT
Ein interessanter Aspekt in diesem Zusammenhang
ist, dass auch die Versicherungsprämien (gemessen an CDS) für die britischen
Staatsanleihen in den vergangenen Tagen gestiegen sind, was in erster Linie
damit zu tun haben dürfte, dass die zwei (S&P und Fitch) von drei
bekanntesten Rating-Agenturen Grossbritannien die Bestnote in Bezug auf die
Kreditwürdigkeit entzogen haben.
Die erste Zinssenkung in Grossbritannien seit
2009, Graph: Bloomberg
Es ist angesichts der fallenden Renditen der
Staatsanleihen kein Widerspruch, weil die Marktteilnehmer davon ausgehen, dass
die Finanzierung der Staatsschulden derzeit kein Problem darstellt, solange
Grossbritannien über eine eigene Notenbank verfügt und eine eigene Währung hat.
CDS für Staatsanleihen Grossbritanniens, Graph: DIW, Berlin
Die Pfund-Abwertung für ein Land, das ein
übermässiges Leistungsbilanzdefizit hat und über eigene Währung verfügt, ist an
sich keine schlechte Sache.
Ein Land in der Eurozone hätte jetzt aufgrund der
Bonitätskürzung grosse Probleme. Zur Erinnerung:
Der Ruf der EU-Behörden nach Austerität hatte ein
grosses technisches Problem der Anpassung nach dem sog. Sudden Stop in der
Eurozone nach 2012 ausgelöst, weil die politischen Entscheidungsträger aus der
ganzen Entwicklung bereitwillig eine Moralfabel basteln. Die Wirtschaft ist aber keine Moralfabel.
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