Es gibt zwei Länder im Euro-Raum, die über
genügend fiskalischen Spielraum verfügen, um die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage anzukurbeln. Das sind Deutschland und die Niederlande. Sowohl Berlin
als auch Amsterdam streben aber einen ausgeglichenen Haushalt an, für 2016,
aber auch für 2017.
Das heisst, dass Deutschland und Niederlande
nicht einmal bereit sind, über einen Einsatz von Fiskalpolitik im schwer
angeschlagenen Umfeld der europäischen Wirtschaft nachzudenken.
Auf der anderen Seite warnen die
Euro-Finanzminister seit geraumer Zeit Spanien und Portugal, das Defizit im
Haushalt zu senken. Die beiden Länder werden sogar öffentlich getadelt,
effektive Massnahmen zu ergreifen, das jeweils eigene Budgetdefizit in den
Griff zu bekommen, weil sonst Sanktionen verhängt würden.
Auch Frankreich und Italien werden von der
EU-Kommission unverkrampft gedrängt, Haushaltskonsolidierung zu betreiben.
Vor diesem Hintergrund kann sich Brad Setser beim besten Willen nicht
vorstellen, woher das Wachstum im Euro-Raum im nächsten Jahr kommen soll, wie
er es in seinem Blog zum Ausdruck bringt.
Die Länder, die sich ein grösseres
Haushaltsdefizit leisten könnten, ohne die EU-Regeln zu verletzen, sagen
demonstrativ, dass sie es nicht tun wollen. Die anderen Länder, die bereits ein
Defizit buchen, und damit irgendwie gegen die EU-Regeln verstossen, sehen sich
einem hohen Druck durch die EU-Behörden ausgesetzt.
Braucht Europe tatsächlich mehr
Haushaltskonsolidierung jetzt?, Graph:
Brad Setser
Es versteht sich laut Setser von selbst, dass die
gesamte Fiskal-Politik des Euro-Raums kontraktiv ist.
Bemerkenswert ist, dass die Eurozone insgesamt weniger
Haushaltsdefizit als die USA, Japan, Grossbritannien und China hat:
Das Defizit der Eurozone beläuft sich
konjunkturbereinigt auf rund 1% des BIP.
Auch ohne um die Konjunktur bereinigt zu werden, sieht das gesamte Defizit in
der Eurozone heute nicht höher als 2% des BIP aus, erläutert Setser.
Die Eurozone hat sogar einen
Primärüberschuss (primary surplus).
Und es liegt auf der Hand, dass die Refinanzierung der auslaufenden
Staatsanleihen zu gegenwärtig vorherrschenden Zinsen am Markt unter dem Strich
zu einem geringeren Haushaltsdefizit führen würde.
Was sagen die Standardlehrbücher der Volkswirtschaftslehre im Angesicht des Brexit-Schocks aus?
Eine Region, die einen hohen
Leistungsbilanzüberschuss verbucht, eine hohe Arbeitslosigkeit hat und wo weit
und breit keine Inflation in Sicht ist, kann nicht einfach mit einer Zinssenkung auf
die Wachstumsschwäche reagieren, wo die Zinsen bereits negativ sind und
die öffentliche Hand für die Kreditaufnahme für die nächsten 10 Jahre weniger
als 1% zahlt. Da gehört eine moderat expansive Fiskalpolitik hin.
Die politische Bereitschaft (Ideologie?) in Europa ist aber nicht
vorhanden.
Es gibt zwar Spielraum, um die richtige
Fiskalpolitik für jedes einzelne Land zu diskutieren. Aber selbst die
Empfehlungen der EU-Kommission für die Gesamtheit sind kontraktiv.
So wie es aussieht, sind die EU-Regeln (Fiskalpakt) ein Teil
des Problems, und das ist wirklich eine Schande, hält Setser zu Recht als Fazit
fest.
2 Kommentare:
Amsterdam? Nein, den Haag.
Yes, my bad, Amsterdam ist die Hauptstadt, aber Den Haag ist der Regierungssitz, richtig.
Ich hab' selbst schmunzeln müssen. Danke für den Hinweis.
Kommentar veröffentlichen