Während die Renditen der US-Staatsanleihen im Sog
des britischen EU-Referendums weiter gefallen sind, weisen die
Inflationserwartungen (gemessen an 5y5y
break-even Zinssätzen) den niedrigsten Wert seit 1999 aus: 1,31%.
Es wundert sich vor diesem Hintergrund, was die
inflationsgeschützten Staatsanleihen (sog. TIPS) inzwischen tun?
Die TIPS erbringen seit Jahresbeginn einen Ertrag
von 6,6% und übertreffen damit die
Rendite der nominalen Staatsanleihen im selben Zeitraum: 5,7%.
Die Entwicklung legt nahe, zu verstehen, warum Janet Yellen, die Fed-Präsidentin
derzeit Mühe hat, die nächste Zinserhöhung seit Dezember 2015 anzukündigen.
Stattdessen betont sie immer wieder, sich für die Zukunft alle Möglichkeiten
offenzuhalten.
Bleibt das Wirtschaftswachstum für eine längere
Zeit besonders niedrig, bleibt auch der neutrale Zins, wo die Wirtschaft in
Vollbeschäftigung ist und die Preisstabilität als gewährleistet gilt, niedrig.
US TIPS mit einer Performance von 6,6% in der
ersten Jahreshälfte von 2016, Graph:
Bloomberg
Der nächste Zinsschritt lässt sich damit auf die
lange Bank schieben. Weil erstens die Wirtschaft derzeit ihr Potential nicht
ausschöpfen kann und zweitens die Inflation keine Gefahr darstellt.
US TIPS Rendite für 10 Jahre (Realrenditen in
USD, gemessen an amerikanischen inflationsindexierten Staatspapieren), Graph: Morgan Stanley
Europa geht es nicht besser. Ja, es sieht auf
dieser Seite des Atlantiks sogar schlechter aus. Denn die EZB verfehlt das
eigene Inflationsziel seit mehr als drei Jahren. Und die Future-Märkte preisen unterdessen
eine Wahrscheinlichkeit von 50% für eine Zinssenkung im Euro-Raum in den
nächsten Monaten ein.
Die nächste Zinserhöhung im Euro-Raum ist nicht
vor 50+ Monaten zu erwarten, Graph:
Morgan Stanley
Nach Schätzungen von Morgan Stanley ist mit der nächsten Zinserhöhung durch die EZB nicht
vor 50+ Monaten zu rechnen.
Und die Nachfrage nach deutschen Bundesanleihen
reisst nicht ab. Die im Wesentlichen disinflationäre Wirtschaftspolitik der
EU-Behörden lässt sich schön an den Renditen der deutschen inflationsindexierten Bundeswertpapieren ablesen:
5 Jahre: -1,01%
10 Jahre: -0,97%
15 Jahre: -0,93%.
30 Jahre: -0,83%.
Man denke daran, wie die deutschen
Mainstream-Medien noch vor einem Jahr vor Wut heulten, dass die
unkonventionelle Geldpolitik der EZB den Reformdruck auf die EU-Peripherie
schwächen würde, die Gürtel enger zu schnallen (Struktur-Reformen).
Heute befinden sich die Renditen der
Staatsanleihen von beispielsweise Portugal und Spanien auf einem rekordtiefen
Niveau. Investoren scheinen also um die Höhe der Staatsverschuldung in
Südeuropa nicht besonders besorgt zu sein. Dieselbe Aussage gilt auch für
Frankreich, wenn man kurz innehält und sich das anhaltende French-Bashing vergegenwärtigt.
Die tief negativen Renditen der deutschen
Bundesanleihen reflektieren die Erwartung im Markt, dass Europa eine lange Zeit
Stagnation droht und die EZB das
Inflationsziel noch lange nicht erfüllen kann. Das heisst, dass die
Preisstabilität im Euro-Raum nicht gewährleistet ist.
Fazit: Der Verlauf der Rendite der
Staatspapiere im Euro-Raum besagt heute, dass es (angesichts der fehlenden
Nachfrage) nur wenige Investitionsmöglichkeiten im Markt gibt und Investoren
das Geld bereitwillig zum Schutz dem Staat anvertrauen und dafür sogar eine Art
Gebühr (Negativ-Rendite) zahlen.
Die Zinsen werden nicht künstlich niedrig
gehalten, wie in manchen Kreisen öfter behauptet wird. Die Niedrig-Zinsen durch
die Notenbanken mögen zwar nachteilige Effekte entfalten (z.B. Druck auf die
Zinsmargen der Banken).
Aber sie sind notwendig, die Symptome einer
chronisch niedrigen Nachfrage als Ergebnis einer ständig beschworenen
Haushaltskonsolidierung (Kürzung der Ausgaben der öffentlichen Hand) zu heilen.
Auch wenn die Niedrigzinsen keine Abhilfe schaffen, so versuchen sie doch die
bestehende wirtschaftliche Schwäche zu bekämpfen.
Die ganze Entwicklung besiegelt das komplette
Versagen der neoliberalen Wirtschaftskonzeption (Lohnmoderation, Sozialabbau und Arbeitslosigkeit) via EU-Behörden.
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