Die Inflationsaussichten bleiben angesichts der
trägen Handelsaktivitäten und der anhaltenden Überkapazitäten weiterhin
gedämpft.
Der von der US-Notenbank besonders aufmerksam
beobachtete Wert core PCE Inflation
dürfte sich nach Einschätzung von Morgan
Stanley Ökonomen weiterhin zwischen 1,6% und 1,7% bewegen.
Das bedeutet, dass die Fed das Inflationsziel (2%)
auch im kommenden Jahr unterbieten würde, womit die Preisstabilität das 9. Jahr
infolge (nach unten) verfehlt wäre.
Alle möglichen Messgrössen von Inflationsausgleich
und Erwartungen verharren auf historisch niedrigen Niveaus. Und wie aus der
Sitzungsnotizen der Fed vom Juni hervorgeht, werden die amerikanischen
Geldpolitiker zunehmend bekümmert, dass der Weg hin zum Zielwert von 2% auf
mittlere Sicht bricht.
Die Teilnehmer des geldpolitischen Ausschusses
der Fed äussern Besorgnisse über wichtige Abwärtsrisiken einschliesslich des
persistenten disinflationären Drucks aufgrund der schwachen Wachstumsaussichten
im Ausland.
Die Fed dürfte im Jahr 2017 das eigene
Inflationsziel (ca. 2%) das 9. Jahr in Folge unterbieten, Graph: Morgan Stanley
Die industrialisierte Welt scheint in der Tat von
einer zunehmenden Neigung zu Ersparnissen und einer abnehmenden Neigung zu
Investitionen geplagt zu sein. Das Ergebnis ist ein Rückgang des realen Gleichgewichtszinssatzes (equilibrium
real interest rate).
Und dies erschwert die Aufgabe der Zentralbank,
die Geldpolitik weiter zu lockern, weil die Zinsen nicht unter null gesenkt
werden können.
Das ist genau die Situation, die Larry Summers als secular stagnation beschreibt. Summers und Gauti Eggertsson erklären nun einem Artikel in voxeu, dass ein
bestimmendes Element der Theorie der säkularen Stagnation ist, dass im
Gegensatz zu den Analysen von Liquiditätsfalle wie sie z.B. von Paul Krugman
vorgestellt werden, heute nicht notwendigerweise angenommen werden kann, dass
der Realzins wieder auf ein positives „normales Niveau“ zurückkommt.
In einer Welt der säkularen Stagnation ist also
die Annahme einer automatischen Rückkehr zum Normalen nicht berechtigt, weil
der natürliche Zinssatz anhaltend oder sogar dauerhaft negativ sein kann,
unterstreichen die Autoren mit Nachdruck.
Die Theorie der secular stagnation mag vor ein paar Jahren noch als unrealistisch wahrgenommen
worden sein. Aber sie sieht heute glaubwürdig aus. Im Durchschnitt sind die langfristigen
Zinsen in der industrialisierten Welt heute wesentlich niedriger als vor fünf
Jahren.
Inflationsausgleich (inflation compensation); eine Entschädigung in der vollen
Inflationshöhe, um die Inflation (zur Beibehaltung der Kaufkraft)
auszugleichen, Graph: Morgan Stanley
Deshalb können Vorkommnisse wie Brexit heute viel mehr spilover effects entfalten als sonst
unter normalen Umständen, so die Autoren
Im Allgemeinen überträgt sich die säkulare
Stagnation zwischen Ländern über zwei komplementäre Kanäle, erklären Summers
und Eggertsson:
(1) Nachfrageschwäche im Ausland und die
Nullzins-Grenze (zero lower bound), wodurch
der reale Wechselkurs im Inland ansteigt und die Zentralbank unter Druck gerät,
die Zinsen niedrig zu halten, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu
stützen.
(2) Kapitalströme: Ein Land findet sich in einer secular stagnation vor, wenn die
geplanten Ersparnisse die geplanten Investitionen übersteigen. Wenn
Kreditvergabe und Kreditaufnahme grenzüberschreitend möglich sind, dann wandern
die Ersparnisse ins Ausland via Leistungsbilanzüberschuss. Und das erhöht den Stress
in den Ländern, wo das Kapital hin fliesst. Die Stärke dieses
Übertragungskanals hängt natürlich von dem Aussmas der Kapitalmarkt-Integration
ab.
Was ist nun daraus zu schliessen? Die Autoren
bieten im Wesentlichen drei Schlussfolgerungen für die Wirtschaftspolitik:
(I) Kapitalzuflüsse sind schädlich für ein Land,
das an der Nullzins-Grenze angekommen ist und ein Leistungsbilanzdefizit hat.
Die Kapitalzuflüsse verschlechtern die Fehlanpassung zwischen den geplanten
Ersparnissen und den geplanten Investitionen.
(II) Im Allgemeinen entfalten Geldpolitik und die
Massnahmen, die ergriffen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen,
negative externe Effekte.
Fiskalpolitik und die Massnahmen, die getroffen
werden, um die Binnennachfrage anzukurbeln, beinhalten hingegen positive
Externalitäten.
Eine entscheidende Überlegung ist die Auswirkung
einer gegebenen Massnahme auf die Unterschiede zwischen den Zinsen in den
betreffenden Ländern, die mitberücksichtigt werden muss.
Die Autoren betonen noch einmal, dass die
Ergebnisse ihrer Untersuchung die Zweckmässigkeit einer robusten
fiskalpolitischen Antwort nahelegen, die in den einzelnen Ländern koordiniert
werden soll.
(III) Fiskalpolitik lohnt sich in einer säkularen
Stagnation und steht nicht im Widerspruch einer Politik der
Haushaltskonsolidierung. Ein monostabiler Anstieg der Staatsausgaben erhöht die
Nachfrage und ist in einer säkularen Stagnation eindeutig nachhaltig.
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