Samstag, 14. September 2013

Warum gibt es Sudden Stops?

Es geht um private Kapitalströme in den freien Märkten. Betroffen sind in erster Linie die sog. Schwellenländer.

Der plötzliche Wandel von Kapitalzuflüssen zu Kapitalabflüssen wird in diesem Zusammenhang „sudden stop“ genannt. Die Wortschöpfung geht auf die Ökonomen Rudi Dornbusch und Alejandro Werner zurück.

Gibt es keine Kapitalverkehrskontrollen, kann es vorkommen, dass die Kapitalstörme sich plötzlich umkehren, mit destabilisierenden Folgen.

Die sog. Emerging Markets leiden heute unter genau diesem Phänomen, ausgelöst durch die Tapering-Debatte, d.h. die Ankündigung der US-Notenbank, den Umfang der Anleihekäufe (im Rahmen der QE-Politik) im Markt allmählich zu verringern. Das Problem entfaltet sich als vielschichtig, wenn mit Kapitalströmen zuvor Währungsaufwertungen in den genannten Ländern einhergegangen sind.

Es gab in der Geschicht einige Fälle von „sudden stops“: (siehe z.B. aktuell Island und Asien-Krise).  Barry Eichengreen und Olivier Accominotti untersuchen in einem lesenswerten Artikel („The mother of all sudden stops: Capital flows and reversals in Europe, 1919-1932“) in voxeu die Ursachen, warum der starke Kapitalstrom plötzlich stoppt. Die Autoren vergleichen v.a. die Kapitalzuflüsse und –abflüsse zwischen den Jahren 1919-1932 und 2006-2011, wo es deutliche Parallelen gibt.



Private und öffentlich-rechtliche Kapitalzuflüsse in Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien, Graph: Barry Eichengreen und Olivier Accominotti untersuchen in einem lesenswerten Artikel („The mother of all sudden stops: Capital flows and reversals in Europe, 1919-1932“) in: voxeu

Bei der Erforschung der Bestimmungsfaktoren der Kapitalströme in den 1920er und 1930er Jahren unterscheiden Eichengreen und Accominotti zwischen spezifischen Faktoren, die die Schuldnerländer („pull factors“) betreffen und den Faktoren, die sich auf die globalen Kapitalmärkte („push factors“) beziehen.

Was sich daraus ergibt, ist, dass die Veränderungen in den Bedingungen in den Schuldnerländern den Kapitalzufluss und den “sudden stop“ in Europa nicht erklären können. Die Autoren finden heraus, dass es eine grosse, negative und wesentliche Assoziation zwischen den Kapitalzuflüssen und der Höhe der Staatsverschuldung nur während der Zeitperiode des „sudden stops“ 1929-1932 gibt. Die Investoren zeigen sich offenbar im Hinblick auf die Höhe der Verschuldung nur dann besorgt, wenn (1) die Liquidität versiegt und (2) das Wirtschaftswachstum zurückgeht.

Ganz im Gegenteil: Die Ergebnisse legen nahe, dass die Veränderungen der Konditionen in den globalen Kapitalmärkten die signifikanten Treiber der Kapitalströme sind. Es kommt also insbesondere auf die Risikowahrnehmung und die Kosten der Kapitalaufnahme (durch Ausgabe von Anleihen) in den Kapitalmärkten an.

Eichengreen und Accominotti schlussfolgern, dass die globale Risikowahrnehmung  die wichtigsten Determinanten der Kapitalströme in den letzten 30 Jahren ausmacht. Die Parallelen zwischen den Kapitalzufüssen und Kapitalabflüssen in Europa in den Zeitperioden Great Depression und Great Recession sind „mehr als oberflächlich“, legen die Autoren dar.

Zu den wichtigsten Faktoren zählen die Höhe der Zinsen, wie in einer Vielzahl von früheren Studien aufgezeigt wird, und die Wahrnehmung der Risikohaftigkeit des Umfeldes für Investitionen, gekennzeichnet z.B. durch die Volatilität der Aktienkurse.

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