Es geht um private Kapitalströme in den freien Märkten. Betroffen sind in erster Linie die sog. Schwellenländer.
Der plötzliche Wandel von
Kapitalzuflüssen zu Kapitalabflüssen wird in diesem Zusammenhang „sudden stop“ genannt. Die Wortschöpfung
geht auf die Ökonomen Rudi Dornbusch und Alejandro Werner zurück.
Gibt es keine
Kapitalverkehrskontrollen, kann es vorkommen, dass die Kapitalstörme sich
plötzlich umkehren, mit destabilisierenden Folgen.
Die sog. Emerging Markets leiden
heute unter genau diesem Phänomen, ausgelöst durch die Tapering-Debatte, d.h.
die Ankündigung der US-Notenbank, den Umfang der Anleihekäufe (im Rahmen der QE-Politik) im Markt
allmählich zu verringern. Das Problem entfaltet sich als vielschichtig, wenn mit
Kapitalströmen zuvor Währungsaufwertungen in den genannten Ländern einhergegangen
sind.
Es gab in der Geschicht einige
Fälle von „sudden stops“: (siehe z.B. aktuell Island und Asien-Krise). Barry Eichengreen und Olivier
Accominotti untersuchen in einem lesenswerten Artikel („The mother of all sudden stops: Capital
flows and reversals in Europe, 1919-1932“) in voxeu die Ursachen, warum der starke Kapitalstrom plötzlich stoppt. Die Autoren
vergleichen v.a. die Kapitalzuflüsse und –abflüsse zwischen den Jahren 1919-1932 und
2006-2011, wo es deutliche Parallelen gibt.
Private und öffentlich-rechtliche
Kapitalzuflüsse in Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien, Graph: Barry Eichengreen und Olivier Accominotti untersuchen in einem
lesenswerten Artikel („The mother of all
sudden stops: Capital flows and reversals in Europe, 1919-1932“) in: voxeu
Bei der Erforschung der
Bestimmungsfaktoren der Kapitalströme in den 1920er und 1930er Jahren
unterscheiden Eichengreen und Accominotti zwischen spezifischen Faktoren, die
die Schuldnerländer („pull factors“) betreffen und den Faktoren, die sich auf
die globalen Kapitalmärkte („push factors“) beziehen.
Was sich daraus ergibt, ist, dass
die Veränderungen in den Bedingungen in den Schuldnerländern den Kapitalzufluss
und den “sudden stop“ in Europa
nicht erklären können. Die Autoren finden heraus, dass es eine grosse, negative
und wesentliche Assoziation zwischen den Kapitalzuflüssen und der Höhe der
Staatsverschuldung nur während der Zeitperiode des „sudden stops“ 1929-1932
gibt. Die Investoren zeigen sich offenbar im Hinblick auf die Höhe der
Verschuldung nur dann besorgt, wenn (1)
die Liquidität versiegt und (2) das
Wirtschaftswachstum zurückgeht.
Ganz im Gegenteil: Die Ergebnisse
legen nahe, dass die Veränderungen der Konditionen in den globalen
Kapitalmärkten die signifikanten Treiber der Kapitalströme sind. Es kommt also
insbesondere auf die Risikowahrnehmung und die Kosten der Kapitalaufnahme (durch
Ausgabe von Anleihen) in den Kapitalmärkten an.
Eichengreen und Accominotti
schlussfolgern, dass die globale Risikowahrnehmung die wichtigsten Determinanten der
Kapitalströme in den letzten 30 Jahren ausmacht. Die Parallelen zwischen den Kapitalzufüssen
und Kapitalabflüssen in Europa in den Zeitperioden Great Depression und Great
Recession sind „mehr als oberflächlich“, legen die Autoren dar.
Zu den wichtigsten Faktoren zählen
die Höhe der Zinsen, wie in einer Vielzahl von früheren Studien aufgezeigt wird,
und die Wahrnehmung der Risikohaftigkeit des Umfeldes für Investitionen,
gekennzeichnet z.B. durch die Volatilität der Aktienkurse.
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