Der Verlust an den globalen Aktienmärkten beläuft
sich in den letzten Handelstagen auf einen Rekordwert von 3'000 Mrd. USD. Das
ist, was das britische Referendum, die EU zu verlassen, in den weltweiten
Börsenplätzen ausgelöst hat.
Bemerkenswert ist aber, dass sich der
Kapitalzufluss in die Anleihemärkte fortsetzt. Die Renditen der als sicher
geltenden Staatspapiere verharren weltweit auf einem historisch rekordtiefen Niveau.
Der Wert der Staatsanleihen, die mit einer Negativ-Rendite gehandelt werden,
ist inzwischen auf rund 9'000 Mrd. USD geklettert.
In Deutschland, wo die Politik eine „Schwarze
Null“-Politik auf die Fahne geschrieben hat, ist die Rendite der German Bunds mit
10 Jahren Laufzeit gestern auf minus 0,17%
gesunken. Das ist der tiefste Wert seit der Daten-Sammlung durch Bloomberg seit 1989. Und auch die
Rendite der zweijährigen deutschen Staatspapiere fällt weiter. Mit minus 0,74%
markieren sie einen neuen Rekordwert.
Wo sind aber die sog. „Bond Vigilantes“?
Wenn die nominalen Zinsen nahe null liegen, führt
ein Anstieg der Notenbankgeldmenge (monetary
base) nicht zu einem Anstieg der Zinsen. Das sagt die Theorie der
Liquiditätsfalle. Das Haushaltsdefizit löst in einer Depression kein crowding-out aus. Und die fiskalischen
Multiplikatoren sind viel höher als sonst.
Der Wert der Staatsanleihen, die derzeit mit
einer Negativ-Rendite gehandelt werden, Graph:
Bloomberg
Wenn es an Nachfrage mangelt, sind Massnahmen auf
der Angebotsseite (Strukturreformen) nicht dringend. Die Anleihe-Investoren
signalisieren, dass sie sich über Staatsverschuldung derzeit keine Sorgen
machen.
Die „Gürtel-enger-schnallen“-Politik ist in
diesem Marktumfeld völlig verfehlt. Dass die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sich im aktuellen Jahresbericht über einen „Schuldenboom“
beklagt, ist unschlüssig. Die Anleihemärkte mit Negativ-Renditen sagen heute,
dass die Regierungen Kredit aufnehmen und investieren sollen.
Die BIZ bringt jedoch diesmal ein anderes
Argument: Nicht das Defizit, sondern die Höhe der Verschuldung sei das Problem.
Wo kommt das aber her? Es gibt keine Korrelation zwischen dem Verlauf der
Wirtschaft in der Euro-Krise und dem Niveau der Staatsausgaben.
Es hilft nicht mehr, die Zinsen weiter zu senken,
um die Vollbeschäftigung wiederherzustellen und die Preisstabilität zu
gewährleisten. Es bedarf Fiscal Stimulus.
Mariana
Mazzucato schreibt in The Guardian, dass
die Austerität die Ursache der wirtschaftlichen Probleme Grossbritanniens ist.
Es hat mit der EU nichts zu tun, unterstreicht die an der Universtiy of Sussex lehrende (Innovationsökonomie) Wirtschaftsprofessorin. Der harsche Sparkurs, den sich London aufgebürdet
hat, wurde nicht von der EU verordnet.
Fazit: Wir brauchen uns um die Bond Vigilantes nicht zu sorgen. Die Zinsen am langen Ende der Ertragskurve bilden
eine Vorhersage über den Verlauf der kurzfristigen Zinsen in Zukunft.
Es hat alles mit Erwartungen („animal spirits“) mit Bezug auf die
Wirtschaft zu tun, nicht mit Sorgen oder Angst vor Haushaltsdefizit oder Verschuldung,
dass die Zinsen rauf oder runter gehen.
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