Donnerstag, 2. Juni 2016

Das verfehlte Inflationsziel im Euro-Raum

Die EZB ist im Euro-Raum für die Preisstabilität verantwortlich. Ihre Aufgabe ist, auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von „knapp unter 2%“ zu erzielen.

Das Mandat wird jedoch seit rund drei Jahren verfehlt: Die EZB unterbietet das Inflationsziel soweit das Auge reicht, wie in der folgenden Abbildung deutlich zu erkennen ist.

Der entscheidende Faktor ist die im Euro-Raum vorherrschende merkantilistische Wirtschaftspolitik mit Lohnzurückhaltung, die deflationäre Tendenzen auslöst.

Nun bemüht sich die EZB, zumindest seit der Amtsübernahme von Mario Draghi, das Steuer herumzureissen. EZB-Präsident betreibt eine unkonventionelle Geldpolitik in Form von QE (quantitative easing) und Negativzinsen. Die EZB nimmt damit die Rolle als lender of last resort wahr, wie es sich für eine moderne Notenbank gehört.

Es ist daher aus makroökonomischer Sicht nicht sachgemäss, die EZB wegen der Niedrigzinsen zu tadeln. Wer trotzdem höhere Zinsen fordert, berücksichtigt nicht die Wirtschaftslage, sondern lässt sich von dem Wunsch antreiben, die „Normalisierung“ wiederherzustellen.



Das verfehlte Inflationsziel im Euro-Raum entlang der gesamten Ertragskurve, Graph: Morgan Stanley


Wenn aber die Nominallöhne nicht an den Produktivitätszuwachs (plus Zielinflationsrate) angepasst werden, bleibt die Nachfrage zurück. Und wenn die Löhne fallen, steigt die Arbeitslosigkeit. So sind 21,2 Millionen Frauen und Männer in der EU28 ohne Job.




Break-even Sätze (Inflationserwartungen) USD versus Euro-Raum, Graph: Morgan Stanley


Die aktuellen Daten aus Australien legen nahe, dass die steigenden Rohstoffexporte nicht zu einem Anstieg in Beschäftigung führen.

Es ist die Export orientierte Wirtschaftskonzeption der EU-Behörden (im Gegensatz zu einem binnenmarktorientierten Ansatz), die für die Niedrigzinsen und die Wirtschaftsmisere in Europa verantwortlich ist.

Was beispielsweise Griechenland heute braucht, ist Nachfrage, nicht Strukturreformen (Massnahmen auf der Angebotsseite), wie Simon Wren-Lewis in seinem Blog unterstreicht. Doch die Troika verordnet Athen eine Wirtschaftspolitik, die noch mehr Nachfrage aus der griechischen Wirtschaft verdrängt. 



Der Rückgang des netto verfügbaren Einkommens der australischen Privathaushalte in der export-orientierten Volkswirtschaft des Landes, Graph: FT





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