Nun ist auch die Rendite der deutschen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit unter null Prozent gefallen. In der
Schweiz und in Japan gehören Negativ-Renditen auf Staatspapiere bereits seit
längerer Zeit zum Alltag.
Die gegenwärtige Neigung der Rendite-Kurve (yield
curve) deutet darauf hin, dass es der unkonventionellen Geldpolitik (QE-policy) mit dem Ankauf von Anleihen schwer
gelingt, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die Inflation auf den Zielwert
(„knapp unter 2%“) zurück zu bringen.
Die Indizien legen nahe, dass es aus Sicht einer
makroökonomischen Gesamtstrategie einer Kooperation von Geld- und Finanzpolitik
bedarf, v.a. wenn die Wirtschaft schwer angeschlagen ist und die Nominal-Zinsen
nahe null liegen.
Während aber Politiker in Deutschland auf den Rückgang
der Arbeitslosenquote im Euro-Raum hinweisen, warnt Mario Draghi vor der Gefahr
des sog. Hysterese-Effekts.
EZB-Präsident hat in seinem Referat am 9. Juni in
Brüssel gesagt, dass die Arbeitnehmer, die zu lange arbeitslos bleiben, während
ihres gesamten Lebens darunter leiden können, in Form von reduzierter
Arbeitsfähigkeit, geringerer Produktivität und des gekürzten Einkommens.
Und das gelte insbesondere für jüngere
Arbeitnehmer, die während aller wichtigsten, prägenden Jahre ihrer Karriere
arbeitslos sind.
Die Gefahr wird umso grösser, je länger die
Wirtschaft unter dem Potential wächst, d.h. dass die Produktionslücke geöffnet
bleibt.
Inflation und Lohnstückkosten, Graph: Heiner Flassbeck in: Makroskop
Draghi sagt, dass die strukturelle
Arbeitslosigkeit im Euro-Raum rund 9% ist, während sie in den USA „nur“ 5%
beträgt. Das sei eine Folge der strukturellen Merkmale des Arbeitsmarktes im
Euro-Raum, wodurch Arbeitslosigkeit verschärft werde.
Das lege nahe, dass der Euro-Raum ein grosses,
latentes Potential hat, welches „mit angemessenen Arbeitsmarkt- und
Aktivierungsmassnahmen“ entfesselt werden könne, und zwar mehr als in anderen
Industrieländern, so Draghi weiter.
Wenn man die negativen Nachfrageeffekte der seit
Jahren vorherrschenden Lohnmoderation im Euro-Raum nicht ignorieren will,
müsste man vor diesem Hintergrund Lohnerhöhungen auf den Plan rufen, um das Wachstum zu stützen und
dafür zu sorgen, dass die EZB das eigene Inflationsziel wiedererlangen kann. Und der
Ansatz für Lohnerhöhungen ist Produktivitätswachstum plus Zielinflationsrate
der EZB, was sich v.a. in einer Währungsunion wie EMU bietet.
„Arbeit schafft nicht nur das Einkommen der
Massen, sondern ist auch der entscheidende Kostenfaktor. Deswegen ist nichts
wichtiger als Arbeit“, schreibt Heiner
Flassbeck in seinem Blog und erklärt in einem lesenswerten Eintrag die Bedeutung von Arbeit und Lohn für
die makroökonomische Analyse.
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