Die Laufzeitprämie (term premium) für US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit hat
derzeit einen negativen Wert: minus
0,46%. Das ist aussergewöhnlich. Warum? Weil es bedeutet, dass die
Investoren am (längeren) Horizont kein Risiko erkennen und keine
Extra-Entschädigung verlangen.
Denn die Laufzeitprämie (term premium) ist per Definition nichts anderes als die
Mehrrendite, die die Investoren fordern, um eine langfristige Anleihe statt
eine kurzfristige Anleihe zu halten.
Mit anderen Worten bringt die Laufzeitprämie den
Renditeunterschied zwischen den Anleihen am kurzen und am langen Ende der
Ertragskurve (yield curve) zum
Ausdruck. Es handelt sich dabei um einen Messwert für die von Investoren
erwartete Einschätzung des Zinsrisikos.
Es gilt jedoch zu merken, dass die Laufzeitprämie
nicht direkt beobachtet, sondern geschätzt werden muss. Die langfristigen
Zinsen setzen sich aus (1) der erwarteten Inflation, (2) den erwarteten
kurzfristigen und (3) einer Laufzeitprämie zusammen.
Die Laufzeitprämie für US-Staatsanleihen mit 10
Jahren Laufzeit, Graph: Bloomberg
Der Definition der Laufzeitprämie liegt zugegebenermassen
die Erwartungstheorie des Zinses zugrunde. Es ist wichtig, in Erinnerung zu
rufen, dass die Theorie von vollkommenen Märkten ausgeht und die Geldpolitik
auf den Verlauf der Zinsen (inklusive langfristiger Zinsen) Einfluss nehmen
kann.
Die praktische Tauglichkeit der Erwartungstheorie
wurde vergangenen Woche von Justin
Wolfers auf einer Konferenz zur Feier von Oliver Blanchard in Zweifel
gezogen, ohne mit der Wimper zu zucken.
Der Punkt ist hier, darauf hinzuweisen, dass die
Geldpolitik an Zugkraft verliert, wenn v.a. die nominalen Zinsen nahe Null
Prozent (zero lower bound) liegen und
die Renditekurve (yield curve)
flacher wird.
US-Treasury Bonds scheinen seit 5 Monaten teurer
als die US-Aktien gemessen am relativen Wert; Rendite der 10-jährigen
Staatsanleihen: 1,62%, Dividenden-Rendite der Aktien im S&P-500 Index:
2,17%, Graph: Bloomberg
Es ist daher schwer zu verstehen, wie die
politischen Entscheidungsträger weiterhin am bisherigen Kurs festhalten können,
mit der Geldpolitik, die deutlich an Wirksamkeit verloren hat, die deflationäre
Tendenz abzuwenden.
Es liegt nahe, festzuhalten, dass die Geldpolitik
ohne Kooperation mit der Finanzpolitik nicht in der Lage ist, das
Inflationsziel der Zentralbank zum Wert „knapp unter 2%“ wieder
zurückzubringen. Je mehr Zeit damit verschwendet wird, desto grösser wird die Gefahr des sog. Hysterese-Effektes. Das ist auch die Botschaft, die Mario Draghi, EZB-Präsident am 9. Juni in seinem Referat in Brüssels gegeben hat.
Fazit: Die negative Laufzeitprämie ist ein Indiz dafür, dass die Geldpolitik gegenwärtig nicht viel taugt und Unterstützung durch die Fiskalpolitik bitter nötig ist.
Fazit: Die negative Laufzeitprämie ist ein Indiz dafür, dass die Geldpolitik gegenwärtig nicht viel taugt und Unterstützung durch die Fiskalpolitik bitter nötig ist.
PS:
In den vergangenen 50 Jahren war die
Laufzeitprämie für US-Treasury Bonds mit 10 Jahren Laufzeit durchwegs positiv.
Seit Jahresbeginn weist sie einen Negativ-Wert auf. Das gilt auch für
japanische, deutsche und britische Staatsanleihen, die alle heute mit einer
negativen Laufzeitprämie gehandelt werden.
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