Freitag, 20. Mai 2016

Hartnäckige Trends am Zinsmarkt

Die Laufzeitprämie (term premium) für US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist vergangene Woche in minus 0,38% gestürzt. Das ist laut Bloomberg der niedrigste Stand seit Anfang der 1960er Jahren.

Die Laufzeitprämie ist bisher aufgrund der anhaltenden globalen Nachfrage nach US Treasury Bonds (UST) im ganzen Verlauf des Jahres negativ gewesen.

Mit anderen Worten übertrifft die Nachfrage nach sicheren, liquiden und hochwertigen Wertpapieren in einem schwer angeschlagenen Umfeld der Wirtschaft die Sorgen über eine mögliche unerwartete Inflation.


Laufzeitprämie für US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit auf Allzeittief, Graph: Bloomberg


Die Erzeugerpreise (gemessen an PPI) sind in Deutschland den 33. Monat in Folge gefallen. Die Preise gewerblicher Produkte lagen im April 2016 um 3,1% niedriger als im April 2015, wie destatis, Statistisches Bundesamt heute meldet.

Es ist bedenklich, dass die EU-Kommission bei der stagnierenden Situation der europäischen Wirtschaft über Haushaltskürzungen diskutiert. Und die EZB, die seit ein paar Monaten tatkräftig um fiskalpolitische Unterstützung bittet, beisst auf Granit.

Je flacher die Renditekurve (yield curve) ist, desto schwieriger wird es für eine Zentralbank, mit QE-Policy (Kauf von Anleihen am offenen Markt) Einfluss auf die Zinsen am langen Ende der Ertragskurve zu nehmen und die Landeswährung zu schwächen, wie Analysten von Morgan Stanley mit der folgenden Abbildung unterstreichen.


Die Fähigkeit einer Notenbank, die Landeswährung abzuschwächen, hängt von den Marktzinsen und der Form der Ertragskurve ab, Graph: Morgan Stanley

Fazit: Die ganze Entwicklung zeigt wiederum, wie schwer es ist, deflationäre Tendenzen zu bekämpfen; im Grunde genommen wesentlich schwieriger als sich gegen die Inflation zu wehren, wenn v.a. die Erwartungen sich allmählich einbetten.



Exkurs:

Term Premium (= Laufzeitprämie)

Das ist die Extra-Rendite, die die Investoren fordern, um ein langfristiges Wertpapier zu halten (oder zu kaufen), anstatt ein kurzfristiges Wertpapier, um sich gegen Risiken wie z.B. Inflation zu schützen.

Die Laufzeitprämie bringt daher den Renditeunterschied zwischen langfristigen und kurzfristigen Wertpapieren zum Ausdruck. Es ist ein Messwert für das von Investoren erwartete bzw. eingeschätzte Risiko.

Langfristige Zinsen bestehen aus der erwarteten Inflation + den erwarteten kurzfristigen Zinsen und einer Laufzeitprämie.

Wenn z.B. die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit 2,5% beträgt und die erwartete Rendite der US-Staatspapiere mit einer Laufzeit von einem Jahr in den nächsten 10 Jahren auf 2% beläuft, dann beträgt die Laufzeit (term premium) für Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit 0,5% (d.h. 50 Basispunkte).


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