Sonntag, 15. Mai 2016

Monopole, Einkommensverteilung und Ungleichheit

Es ist interessant, zu beobachten, wie das Thema Einkommensverteilung und Ungleichheit im Nachspiel der Finanzkrise von 2008 ins Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt ist.

Es gibt zwei Denkrichtungen, was die Einkommensverteilung bestimmt (und wie eine Volkswirtschaft funktioniert), schreibt Joseph Stiglitz in einem lesenswerten Artikel („Monopoly’s New Era“) in Project Syndicate.

Die eine, die auf Adam Smith und die liberalen Ökonomen des 19. Jahrhunderts zurückgeht, konzentriert sich auf durch Konkurrenz geprägte Märkte.

Die andere, die erkennt, dass Smiths Form des Liberalismus zu einer raschen Konzentration von Vermögen und Einkommen führt, deutet auf die Tendenz unregulierter Märkte zur Monopolbildung hin.

Die Anhänger der neoklassischen Schule vertreten die Ansicht, dass die Märkte durch Wettbewerb bestimmt werden und die Erträge der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer mit ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Beitrag („Grenzprodukt“) in Verbindung stehen.

Das ist natürlich Unsinn: Es gibt keine individuelle Grenzproduktivität. Dass in unübersehbar vielen praktischen Fällen und Berufen nicht sinnvoll von der Produktivität des einzelnen sprechen kann, hat Heiner Flassbeck in den vergangenen Jahren in diversen Schriften überzeugend dargelegt.


Eine kurze Geschichte der Ungleichheit, Graph: Branko Milanovic in: Bloomberg View, May 2016.



Wie hoch ist die Grenzproduktivität einer Krankenschwester in einem Krankenhaus?

„Die grosse Mehrheit der Beschäftigten arbeitet in einem Umfeld, in dem weder die Grenzproduktivität der einzelnen Mitglieder eines Produktionsteams noch ihr relativer Beitrag bekannt sind oder überhaupt gemessen werden können“, so Flassbeck.

Der Anstieg der Ungleichheit in den reichen Ländern ist weitaus „über“-erklärt, bemerkt Branko Milanovic in seinem Blog. Da die Einkommensungleichheit (auf der Ebene der Haushalte oder Einzelpersonen) so eine komplexe Variable ist, ist das Ergebnis einer Vielzahl von technologischen, politischen, demographischen und verhaltensbedingten Faktoren und eine saubere Zerlegung in diese verschiedene Faktoren nicht möglich, erläutert der im Luxembourg Income Study Center der City University of New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor.

Deshalb werden wir laut Milanovic Unmengen von möglichen Erklärungen begegnen, wie in einer Forschungsarbeit neulich hervorgehoben wurde.

wichtig ist, sich zu vergegenwärtigen, dass die heutigen Märkte durch anhaltend hohe Monopolgewinne gekennzeichnet sind, hält Stiglitz als Fazit fest. Joseph Schumpeters These, dass Monopole nur eine temporäre Erscheinung sind, trifft demnach nicht zu.

Der Auflauf von fünf Faktoren, die Milanovic unterstreicht, legen nahe, dass dem System gegenwärtig an Kräften fehlt, die Ungleichheit in absehbarer Zukunft zu verringern. Das ist traurig.




Branko Milanovic: Global Inequality: A New Approach for the Age of Globalization - Harvard University Press, April 2016.



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