Es ist interessant, zu beobachten, wie das Thema
Einkommensverteilung und Ungleichheit im Nachspiel der Finanzkrise von 2008 ins
Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt ist.
Es gibt zwei Denkrichtungen, was die
Einkommensverteilung bestimmt (und wie eine Volkswirtschaft funktioniert), schreibt
Joseph Stiglitz in einem
lesenswerten Artikel („Monopoly’s New Era“)
in Project Syndicate.
Die eine, die auf Adam Smith und die liberalen
Ökonomen des 19. Jahrhunderts zurückgeht, konzentriert sich auf durch
Konkurrenz geprägte Märkte.
Die andere, die erkennt, dass Smiths Form des
Liberalismus zu einer raschen Konzentration von Vermögen und Einkommen führt,
deutet auf die Tendenz unregulierter Märkte zur Monopolbildung hin.
Die Anhänger der neoklassischen Schule vertreten
die Ansicht, dass die Märkte durch Wettbewerb bestimmt werden und die Erträge
der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer mit ihrem jeweiligen gesellschaftlichen
Beitrag („Grenzprodukt“) in Verbindung
stehen.
Das ist natürlich Unsinn: Es gibt keine
individuelle Grenzproduktivität. Dass in unübersehbar vielen praktischen Fällen
und Berufen nicht sinnvoll von der Produktivität des einzelnen sprechen kann,
hat Heiner Flassbeck in den
vergangenen Jahren in diversen Schriften überzeugend dargelegt.
Eine kurze Geschichte der Ungleichheit, Graph: Branko Milanovic in: Bloomberg View, May 2016.
Wie hoch ist die Grenzproduktivität einer
Krankenschwester in einem Krankenhaus?
„Die grosse Mehrheit der Beschäftigten arbeitet
in einem Umfeld, in dem weder die Grenzproduktivität der einzelnen Mitglieder
eines Produktionsteams noch ihr relativer Beitrag bekannt sind oder überhaupt
gemessen werden können“, so Flassbeck.
Der Anstieg der Ungleichheit in den reichen
Ländern ist weitaus „über“-erklärt, bemerkt Branko Milanovic in seinem Blog. Da die Einkommensungleichheit (auf
der Ebene der Haushalte oder Einzelpersonen) so eine komplexe Variable ist, ist
das Ergebnis einer Vielzahl von technologischen, politischen, demographischen
und verhaltensbedingten Faktoren und eine saubere Zerlegung in diese verschiedene
Faktoren nicht möglich, erläutert der im Luxembourg
Income Study Center der City University of New York (CUNY) forschende
Wirtschaftsprofessor.
Deshalb werden wir laut Milanovic Unmengen von
möglichen Erklärungen begegnen, wie in einer Forschungsarbeit neulich
hervorgehoben wurde.
wichtig ist, sich zu vergegenwärtigen, dass die
heutigen Märkte durch anhaltend hohe Monopolgewinne gekennzeichnet sind, hält
Stiglitz als Fazit fest. Joseph Schumpeters These, dass Monopole nur eine
temporäre Erscheinung sind, trifft demnach nicht zu.
Der Auflauf von fünf Faktoren, die Milanovic
unterstreicht, legen nahe, dass dem System gegenwärtig an Kräften fehlt, die
Ungleichheit in absehbarer Zukunft zu verringern. Das ist traurig.
Branko Milanovic: Global Inequality: A New
Approach for the Age of Globalization - Harvard University Press, April 2016.
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