Martin
Wolf
nimmt in seiner Kolumne kein Blatt vor den Mund: Der Chef-Kommentator der FT
aus London schreibt („Germany is the
eurozone’s biggest problem“) am Dienstag, dass Deutschland das grösste
Problem der Eurozone ist.
Die wachsende Kritik an der Geldpolitik der EZB
aus Deutschland geht auf den Ordoliberalismus
in der Nachkriegszeit zurück, argumentiert der Mitherausgeber der britischen
Wirtschaftszeitung.
Nach diesem Ansatz hat die ideale Makroökonomie
drei Elemente: (1) einen ausgeglichenen Haushalt zu fast allen Zeiten, (2)
Preisstabilität (mit einer asymmetrischen Präferenz für Deflation) und (3)
Preisflexibilität.
Das Konzept mag für eine kleine und offene
Volkswirtschaft gelten. Aber es kann nicht verallgemeinert werden, v.a. nicht
für eine Währungsunion wie die Eurozone, so Wolf weiter.
Und er macht darauf aufmerksam, dass die reale
Nachfrage in der Eurozone im IV. Quartal 2015 um 2% tiefer war als im I.
Quartal 2008, während die Nachfrage in Amerika um 10% höher lag.
Die EZB handelt richtig, um zu verhindern, dass
die europäische Wirtschaft, die unter einer chronisch schwachen Nachfrage
leidet, in eine Deflationsspirale gerät, erläutert Wolf.
Deutschlands Überschuss in allen Sektoren:
private Haushalte, Unternehmen und die öffentliche Hand; alle sparen, nur das
Ausland verschuldet sich, was sich im hohen Überschuss der Leistungsbilanz
Deutschlands widerspiegelt, Graph:
Martin Wolf in: FT
Die Niedrigzinsen in der Eurozone sind nicht das
Problem, wie die EZB festhält, sondern das Symptom einer unzureichenden
Investitionsnachfrage.
Ausserordentliche schwache Investitionen in
Deutschland, Graph: Martin Wolf in:
FT
Wie
Wolf weiter erklärt, zeigt die Geschichte der deutschen Wirtschaft seit den
Arbeitsmarktreformen am Anfang der 2000er Jahren, dass die Strukturreform in der Eurozone höchst unwahrscheinlich dazu
beitragen kann, das oben geschilderte Problem zu lösen.
Die
wichtigste makroökonomische Tatsache über Deutschland ist, dass es nicht in der
Lage ist, trotz der extrem niedrigen Zinsen ein Drittel seiner Ersparnisse im
Inland zu absorbieren.
Die
Rendite der deutschen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit im Vergleich, Graph: FT
2016: 0.108% versus 2015: 0.049%
Im
Jahr 2000, vor den Arbeitsmarktreformen (d.h. vor der Senkung der
Lohnstückkosten und dem Abbau der Löhne der Arbeitnehmer), investierten deutsche Unternehmen wesentlich
mehr als ihre Gewinnrücklagen.
Deutschlands
Ideen und Interessen sind von grosser Bedeutung für die Eurozone. Aber sie
dürfen nicht alles bestimmen. Wenn die Deutschen denken, dass die Legitimität
des europäischen Projektes dadurch geschwächt werde, dann sollten sie von der Exit-Option
Gebrauch machen, so Wolf als Fazit. Solange aber das Land im Euro bleibt, soll
es auch akzeptieren, dass die EZB ihre Aufgaben wahrnimmt.
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