Mittwoch, 15. Januar 2014

Vertrauliche und steuerlich absetzbare Vergleiche für Gesetzesübertretungen

Wenn eine Bank oder ein Unternehmen sich schuldig erklärt, das Gesetz gebrochen zu haben, streben die Behörden in den USA neuerdings in gewissen Fällen oft einen Vergleich an, anstatt jemanden vor Gericht zu zerren. Vergleich bedeutet, dass Ermittlungen und Verfahren gegen die betreffende Institution eingestellt werden.

Wenn eine Bank z.B. einräumt, die Öffentlichkeit und die Investoren mit „ernsthaften Falschdarstellungen“ hinters Licht geführt zu haben, neigen die Regulierungsbehörden dazu, eine Vereinbarung zu treffen, um die „Affäre“ zu beenden. Strafrechtliche Konsequenzen für die betreffenden Unternehmen oder Personen werden dann oft ausgeschlossen.

Im Zuge der Finanzkrise haben das Justizministerium (DOJ: Departement of Justice) und die staatliche Überwachungsbehörde (banking watchdog) mit Banken in mehreren Fällen Vereinbarungen getroffen, um, so lautet das Argument, dafür zu sorgen, dass das Finanzsystem nicht ins Wanken gerät.

Die Aufsichtsbehörden haben in diesem Zusammenhang immer die Ansicht vertreten, dass die Vergleiche geeignete Instrumente sind, um das Gesetz durchzusetzen. Um Streitpunkte beizulegen, werden also Vergleiche vorgezogen.

Senatorin Elizabeth Warren teilt die Meinung nicht. Die Demokratin aus Massachusetts deutet darauf hin, dass die Vergleiche steuerlich abzugsfähig sind und oft vertraulich behandelt werden, sodass die Öffenlichkeit keine Ahnung davon hat, ob die Bedingungen der Vereinbarung fair sind.

Warren hat deshalb vergangene Woche in Zusammenarbeit mit Tom Coburn, dem Republikaner aus Oklahoma einen Gesetzentwurf vorgestellt, wonach Vereinbarungen, die der Staat mit Unternehmen trifft, transparenter und fairer werden sollen. Am Ende könnten Milliarden von Dollar für die Steuerzahler gespart werden, wie Mother Jones berichtet.

Die Professorin für Recht an der Harvard Law School versucht, zu verhindern, dass die Vergleiche steuerlich absetzbar gelten. Die amerikanische Juristin will, dass die Behörden erklären, warum bestimmte Vergleiche vertraulich sind und die Bedingungen der Vereinbarungen öffentlich offen legen, damit die Steuerzahler sehen können, wie die Abzugsfähigkeit der beigelegten zivil- und strafrechtlichen Klagen in Form eines Vergleichs ihnen teuer zu stehen kommen.

JP Morgan hat beispielsweise im Oktober 2013 mit dem DOJ einen Vergleich in Rekordhöhe von 13 Mrd. USD getroffen. Die amerikanische Bank darf nun gestützt auf den Vergleich einen Steuernachlass von 4 Mrd. USD in Anspruch nehmen.

Fresenius Medical Care Holdings hat 2000 einem Vergleich in Höhe von 486 Mio. USD zugestimmt, in Folge von Verhandlungen, dass das Gesundheitsunternehmen Medicare (der staatliche Gesundheitsdienst für Rentner) hintergangen und gegen andere bundesstaatliche Gesundheitsprogramme verstossen hat. Im vergangenen Jahr hat ein Gericht Fresenius einen Steuernachlass im Wert von 50 Mio. USD zugestanden.

BP wurde 2010 für die massive Ölpest im Golf verantwortlich erklärt. Das international tätige britische Energieunternehmen hat mit dem Staat einen Vergleich in Höhe von 20 Mrd. USD für die Reinigungskosten getroffen. BP darf nun von einem Steuernachlass im Wert von 10 Mrd. USD Gebrauch machen.

Die Grossbank HSBC hat sich mit den Behördern aussergerichtlich geeinigt, eine Strafe in Höhe von 1,9 Mrd. USD zu zahlen, wegen Geldwäscherei-Vorwürfen in Sachen Drogen- und Terror-Gelder. Die strafrechtliche Verfolgung der Bank wurde ausgesetzt. Das DOJ hat zwar nicht offengelegt, ob die Vereinbarung steuerlich absetzbar ist. Aber wenn dem so wäre, würden Steuerzahlern 700 Mio. USD durch die Lappen gehen.

Exxon hat auch mit Behörden für die in Alaska verschuldete Ölpest eine aussergerichtliche Vereinbarung getroffen. Für die Geldstrafe von 1,1 Mrd. USD bekommt der amerikanische Mineralölkonzern einen steuerlichen Nachlass von 576 Mio. USD.

Marsh & McLennan, die Versicherungsbrokerfirma hat 2005 mit Behörden eine Einigung erzielt,  eine Strafe von 850 Mio. USD zu zahlen, um strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Beim „Fehltritt“ handelt es sich um Angebotsabsprachen und Interessenkonflikte. Das Unternehmen darf damit 298 Mio. USD von Steuern absetzen.

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