Sonntag, 12. Januar 2014

Die wachsende Ungleichheit hat viel Einfluss auf den politischen Prozess

Die Ungleichheit in den Vereinigten Staaten nimmt seit mehr als vier Jahrzehnten zu und zeigt keine Anzeichen des Rückzugs. Das gleiche Muster ist auch in anderen Ländern in einem unterschiedlichen Ausmass zu beobachten.

Die Wirtschaft hat sich verändert und neue Kräfte verursachen Ungleichheit, die sich selbst ernährt, schreibt Robert H. Frank In einem lesenswerten Artikel („The vicious circle of income inequality”) am Sonntag  in NYTimes.

Eine davon ist, dass das höhere Einkommen der Spitzenverdiener die Konsumnachfrage zugunsten von Waren verlagert, deren Wert aus Gaben der anderen Top-Verdiener stammt. Weil die Reichen fast über jeden Besitz verfügen, was man gebrauchen kann, geben sie ihr zusätzliches Einkommen für den Kauf von etwas Besonderem aus. Und was die Güter speziell macht, ist, dass sie von Personen oder Organisationen hergestellt werden, deren Talente nicht einfach dupliziert werden können, erklärt der an der Cornell University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Wohlhabende Leute wählen nicht nur irgendeinen Architekten, Künstler, Juristen oder platischen Chirurgen, sondern sie suchen die besten und die teuersten in jeder Kategorie. So wie die Reichen immer reicher werden, werden auch die talentierten Leute, die die Reichen als Stammkunde unterstützen und fördern, reicher. Die Ausgaben dieser Leute wiederum erhöht das Einkommen der anderen Praktiker der Elite. Und so weiter.

In jüngerer Zeit hat die wachsende Ungleichheit viel Einfluss auf den politischen Prozess. Mehr Einkommen und Vermögen in den Händen der Top-Verdiener gibt ihnen einen besseren Zugang zu dem Gesetzgeber. Das Ergebnis ist Senkung der Einkommens- und Grundstück-Steuern sowie Deregulierung in der Geschäftswelt. Diese Veränderungen wiederum verursachen weitere Konzentration von Einkommen und Vermögen an der Spitze, was noch mehr politischen Einfluss ermöglicht.

Die Einkommenskonzentration hat laut Frank auch das Konsumverhalten auf andere Weise verändert, wodurch Einkommenskluft sich weiter vertieft. Die Reichen geben mehr Geld für Geschenke, Kleidung, Wohnen, Feiern und andere Dinge aus, nur weil sie mehr Geld haben. Die Mehrausgaben der Reichen verlagert den Bezugsrahmen (frames of reference) im Allgemeinen, welcher die Nachfrage der Menschen am unteren Ende der Einkommensskala prägt, sodass auch die weniger wohlhabenden Menschen anfangen, mehr Geld auszugeben, und so weiter.

Aber weil das Einkommen unterhalb von Top-Verdienern stagniert, macht die sich daraus ergebende Ausgaben-Kaskade (expenditure cascades) für die Familien mit geringerem Einkommen es schwieriger, über die Runden zu kommen. Trotz der hohen Verschuldung sind diese Menschen nicht in der Lage, mit Gemeinschaftsnormen (community standards) Schritt zu halten. Die Zinszahlungen verarmen sie, während wohlhabende Gläubiger dadurch reicher werden.

Die vielleicht wichtigste Rückkopplungsschleife (feedback loop) zeigt sich in der höheren Bildung. Mittelklassen-Familien mit knappen Budgets haben es schwer, sich besondere Tutoren und andere Vorteile zu leisten, die die Studenten aus wohlhabenden Familien geniessen, um Zulassung an den Elite-Universitäten zu bekommen. 

Finanzielle Unterstützung hilft, solche Probleme zu lindern. Während aber die Kinder der wohlhabenden Familien das Studium schuldenfrei abschliessen, und schnell gut bezahlte Jobs finden, leiden die Kinder der anderen Familien unter der schweren Last der Studiendarlehen und sehen geringeren Beschäftigungsaussichten gegenüber.

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