Montag, 13. Januar 2014

Die EZB und die Dynamik der Ertragskurve

Während die Fed im Sog der Finanzkrise von 2008 eine mengenmässige Lockerung der Geldpolitik praktizierte, um die Wirtschaft anzukurbeln, hat die EZB lediglich die Zinsen gesenkt und unbegrenzte Liquidität auf längere Laufzeit für die Banken zur Verfügung gestellt.

Nun schickt sich die Fed an, den Ankauf von Anleihen (QE-Policy) am offenen Markt allmählich zurückzufahren. In der Eurozone hingegen mehren sich Anzeichen, dass das Deflationsrisiko zunimmt. Was ist zu erwarten? EZB-Präsident Mario Draghi hat vergangene Woche erklärt, dass die Inflation für einen längeren Zeitraum niedrig bleibt.

Wird die EZB jetzt wie die Fed, BoE und BoJ unorthodox in Bezug auf die Gestaltung der Geldpolitik, wie the Economist nahelegt?

Vor diesem Hintergrund verweist James Hamilton in seinem Blog auf die Bedeutung der Ertragskurve. Gestützt auf einen Analyse-Ansatz von Dora Xia und Cynthia Wu unterstreicht der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor, dass es latente Faktoren gibt, die die Veränderungen der Zinsen über die Zeit mit unterschiedlichen Laufzeiten bestimmen.

Die Dynamik dieser Faktoren folgen einfachen linearen Gleichungen. Während normalen Zeiten ist der Tagesgeldzinssatz (overnight interest rate) eine besondere lineare Funktion dieser Faktoren. Die Idee ist, mit der Verwendung der gleichen linearen Funktion die jüngste Entwicklung der Zinsen zu beobachten, auch wenn sich dabei negative Zahlen hergeben.



Schatten-Zinssatz für die Euro Zone, Graph: Fan Dora Xia in: UCSanDiego Economics


Diese Zahl, die dem Tagesgeldsatz entspricht, wenn sie positiv ist, kann aber berechnet werden, auch wenn sie negativ ist. Das nennt man den „Schatten“ (shadow) kurzfristigen Zinssatz. Der eigentliche Tagesgeldsatz ist dann das Maximum des Schatten-Zinssatzes und stellt eine positive Null-Grenze für die Zinsen dar.

Die Analyse des Schatten-Zinssatzes hilft, die Auswirkungen der einigen unkonventionellen Massnahmen der Geldpolitik durch die Zentralbank zusammenzufassen.

Bemerkenswert ist, dass der Schatten-Satz der EZB nach der Ankündigung von längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (LTRO) durch die EZB in den negativen Bereich gerutscht ist.


Fazit: Die monetären Rahmenbedingungen in der Eurozone sind zur Zeit nicht locker genug. Die EZB hat noch Spielraum.



Euro-Raum: Vebraucherpreisindex (CPI) und Geldmenge M3, Graph: TheEconomist


Exkurs:

Die Ertragskurve (yield curve) spiegelt die Erwartungen der Markteilnehmer in Bezug auf zukünftige Zinsänderungen und ihre Einschätzungen der monetären Bedingungen wider.

Es gibt keinen anderen Indikatoren, der den Verlauf der Wirtschaft so genau vorhersagen kann wie die Ertragskurve. Was die Ertragskurve von allen anderen Wirtschaftsindikatoren unterscheidet, ist, dass sie von keiner staatlichen oder privaten Institution erstellt wird, sondern direkt durch die Erwartung der Marktteilnehmer geprägt ist. Der Vorteil ist, dass man auf die Veröffentlichung des Indikators nicht warten muss. Die Ertragskurve kann nämlich jederzeit an jedem Handelstag beobachtet werden.

Im Allgemeinen steigen die Renditen im Einklang mit der Laufzeit, was der Ertragskurve eine nach oben geneigte Struktur (ansteigende Kurve) verleiht. Das ist die sog. „normale Ertragskurve“. Eine grundlegende Erklärung dafür ist, dass die Kreditgeber für Kredite mit längerer Laufzeit mehr Zinsen (im Vergleich zu kurzfristigen Krediten) verlangen, als Ausgleich für das höhere Risiko, welches damit verbunden ist.

Gelegentlich können langfristige Renditen unter kurzfristigen Renditen fallen. Das nennt man dann eine „inverse Kurve“  (inverted yield curve), was im Allgemeinen als Vorbote einer Rezession betrachtet wird.


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