Freitag, 31. Januar 2014

Emerging Markets in der Schaukel der Weltwirtschaft

Haben wir jetzt eine Weltwirtschaft, die zwischen Blasen und Depression schaukelt?

Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne („Talking Troubled Turkey“) am Freitag in NYTimes mit den zur Zeit in den Abwärtsstrudel geratenen Währungen der sog. Emerging Markets (EM).

Mit Bezug auf die gegenwärtigen Turbulenzen im türkischen Kapitalmarkt bemerkt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor, dass das letzte, was wir brauchen, eine neue Wirtschafftskrise in einem Land ist, das bereits von politischen Unruhen geplagt ist.

Es stimmt, dass die direkten globalen Spillover-Effekten aus der Türkei, die die Grössenordnung der Wirtschaft von Los Angeles hat, nicht gross sein werden. Aber was wir nun hören, ist das gefürchtete Wort „Ansteckung“ (contagion), legt Krugman dar.

Es ist in vielerlei Hinsicht eine vertraute Geschichte. Aber das ist nur ein Teil dessen, was so beunruhigend ist: Warum haben wir immer wieder diese Krisen? Die Sache ist zudem, dass die Abstände zwischen den Krisen immer kürzer zu werden scheinen. Und die negativen Auswirkungen von jeder Krise scheinen schlimmer als die letzten zu sein. Was ist los?

Man könnte es gehört haben, oder nicht: Es gibt eine grosse Debatte unter Ökonomen, ob wir eine „säkularen Stagnation“ (secular stagnation) gegenüber stehen, einer Situation, wo die Menge der Leute, die sparen wollen, die Menge an Volumen der sich lohnenden Investitionen weit überschreitet.

Wenn das wahr ist, muss man mit einem von zwei möglichen Ergebnissen rechnen. Wenn Investoren vorsichtig und besonnen werden, versuchen wir alle in der Tat, weniger als unsere Einnahmen auszugeben. Das Resultat ist ein lang anhaltender Einbruch der Wirtschaft.



Wechselkurs TRY/EUR, Graph: finance.yahoo.com

Donnerstag, 30. Januar 2014

Hebelwirkung im Finanzsektor und die Rolle der Zentralbanken

Die Führungskräfte von Big Banks wollen oft die Hebelwirkung (leverage) der eigenen Institution erhöhen.

Weil sie i.d.R. verschiedene Formen von Garantien und Subventionen durch die öffentliche Hand geniessen, wie z.B. Einlagensicherung und Zugang zur Finanzierung via Zentralbank zu vorteilhaften Konditionen, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Artikel („The Temptation of the Central Bankers“) in Project Syndicate.

Darüber hinaus lassen sich die Bankmanager auf Basis der Eigenkapital-Rendite vergüten, was für die Banken unmittelbare Anreize schafft, möglichst viel Fremdkapital einzusetzen und hohe Risiken einzugehen.

Höhere Hebelwirkung erzeugt gesamtwirtschafliches Risiko, nicht zuletzt für das fiskalpolitische Gleichgewicht, wenn die impliziten Garantien eingelöst werden, erklärt der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor. Es liegt daher auf der Hand, dass ein tieferes Leverage-Niveau die Anfälligkeit für Schocks wesentlich verringern würde.



José De Gregorio: How Latin America Weathered the Global Financial Crisis, Jan 2014, Peterson Institute International Economics

Mittwoch, 29. Januar 2014

Banken und europäische Staatsanleihen

Die Banken in Europa haben im Vorfeld von AQR (Asset Quality Review) Staatsanleihen verkauft. Nun scheinen sie sie wieder zurückzukaufen, wie aus den folgenden Abbildungen hervorgeht.

In Spanien und Italien beträgt der Anteilder Staatsanleihen jeweils rund 10% der Bilanzsumme der Banken, schreiben Lucrezia Reichlin and Luis Garicano in einem aktuellen Artikel („Squaring the Eurozone’s Vicious Circle“) in Project Syndicate.

Die Autoren vertreten die Ansicht, dass damit gewisse Risiken einhergehen.

Reichlin und Garicano nennen v.a. eine „unerwartete Herausforderung“ auf dem Markt für Staatsanleihen, mit der ein „schwächeres Schuldnerland“ konfrontiert werden könnte. Zum Beispiel Kataloniens Sezession-Referendum. Oder Neuverhandlungen der portugiesischen und griechischen Rettungsaktionen. Das alles würde die Solvenz der Banken unterhöhlen, so die Autoren.

Selbst ohne eine Krise behindert die „geographische Segmentierung des Marktes für Staatsanleihen“ die geldpolitische Transmission erheblich, behaupten die Autoren weiter.

Warum kaufen aber die europäischen Banken Staatsanleihen in Euro?

Der naheliegende Grund ist Basel III, wonach Staatsanleihen als risikofrei gelten und die Banken dafür zusätzlich kein Eigenkapital vorhalten müssen.



Europäische Banken haben im Vorfeld von Stresstests Staatsanleihen verkauft, Graph: Morgan Stanley in: European Economics, Jan 2014

Dienstag, 28. Januar 2014

Einkommensungleichheit und keine Unruhe

Das mittlere Einkommen sinkt. Die Anzahl der Armen steigt. Beinahe die gesamten Gewinne gehen an die Spitze. Und das Big Money korrumpiert die Demokratie.

Warum gibt es aber keine Unruhe in Amerika, fragt sich Robert Reich in seinem Blog.

Warum es heute nicht einmal eine grosse Reform-Welle ähnlich wie damals in der Ära New Deal oder Great Society gibt, ist in der Tat eine vernünftige Frage.

Der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor sagt selbst, dass die Antwort darauf kompliziert ist, zumindest aus drei Gründen:

(1) Die Arbeiterklasse ist heute wie gelähmt, vor Angst, den Arbeitsplatz und die Entlohnung zu verlieren. In früheren Jahrzehnten hat die Arbeiterklasse Reformen hervorgerufen. Heute nicht mehr. Heute sieht niemand den eigenen Arbeitsplatz als gesichert an. Ausserdem ist das Mittel zur Selbstorganisation (Gewerkschaften) in der Gegenwart ziemlich dezimiert.

(2) Die Studenten wagen es nicht, Unruhe zu stiften. In früheren Jahrzehnten waren Studenten eine wichtige Kraft für den sozialen Wandel. Die Studenten von heute wollen aber keinen Krawall machen. Sie sind hoch verschuldet. Oben darauf ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt für die Absolventen von Universitäten miserabel, weshalb Rekordzahlen von jungen Menschen heute bei den Eltern wohnen.

EZB und Deflation-Debatte

Die Inflation beläuft sich in der Euro Zone zur Zeit auf 0,8% und dürfte allem Anschein nach auch im gesamten Verlauf des Jahres unter 1 Prozent verweilen. Die Kerninflation hingegen tendiert etwas tiefer. Das heisst, dass die EZB den gemeinsam festgelegten Zielwert deutlich unterbietet.

Angesichts dieser Entwicklung ist laut Morgan Stanley nicht auszuschliessen, dass die Inflation 2014 negativ wird, wenn v.a. der Ölpreis zurückgeht und der Euro sich weiter aufwertet.

Eine von front-load Austerity begleitete Anpassung der Kosten und Preise nach unten bedeutet eine lange Phase der Massenarbeitslosigkeit an der Peripherie.




Die EZB verkleinert ihre Bilanz, Graph: Morgan Stanley

Montag, 27. Januar 2014

Wettbewerbsfähigkeit via Deflation?

Mit der Vorlage einer eindrücklichen Abbildung unterstreicht die ZKB heute  Deflationsrisiken in der Euro-Zone:

Fallende Reallöhne im Süden Europas, nach wie vor schrumpfende Bankkredite sowie rückläufige Produzentenpreise (PPI) weisen in der Eurozone tatsächlich auf gewichtige Deflationsrisiken hin.

Im Grunde genommen war diese Entwicklung voraussehbar und wurde von Ökonomen mit Weitsicht (z.B. Paul Krugman in Amerika und Heiner Flassbeck in Europa) genau vorausgesehen und in zahlreichen Schriften mit Nachdruck hervorgehoben.

Die Gefahr einer deflatorischen Entwicklung in Europa ist in der Tat real. Für die hoch verschuldeten privaten Haushalte wären die Folgen einer Deflation gravierend, weil die reale Last der Schulden dadurch steigen würde.




Inflation, Erzeugerpreise und Bankkredite in der Euro Zone, Graph: ZKB, Jan 27, 2014

Interview: Prof. Richard S. Grossman, Wesleyan University

Richard S. Grossman is Professor of Economics at the Wesleyan University and a visiting scholar at the Institute for Quantitative Social Science at Harvard University 


Why did you decide to go into economics?

I had always been interested in politics, international affairs, and public policy. As a university student, I was struck by how often the central issues in these areas were economic in nature. At that point, the only question was whether I should study them as an academic, policy maker, financial analyst, or journalist. 

I decided that I would have greater freedom to study the contemporary and historical issues that interested me as an academic.


Why does ideology show up in economic policies?

Ideology may become entrenched out of habit. If we have “always done it this way,” policy-makers may be unwilling to risk making a change. And once an organization has a long-standing practice of doing business in a certain way, “groupthink” can take over, making it even harder to change direction. 

Ideology can also take hold of economic policy because of policy-makers’ convictions or electoral concerns. The “no new taxes pledge” that so many Republican politicians have embraced in the US is a good example of an irresponsible position taken for electoral/ideological reasons. It is possible to favor lower taxes, but be open to the argument that sometimes higher taxes are necessary. To refuse to even consider the case for higher taxes under any and all circumstances is madness.

Paranoia der Plutokraten

Der Milliardär Investor Tom Perkins beschwert sich in einem Brief an den Herausgeber von The Wall Street Journal über die öffentliche Kritik an „1 Prozent“ und vergleicht diese Kritik mit Nazi-Angriffen auf die Juden, was darauf hindeutet, dass wir auf dem Weg zu einer anderen Reichskristallnacht seien.

Paul Krugman bemerkt dazu in seiner lesenswerten Kolumne („Paranoia of the Plutocrats“) am Montag in NYTimes, dass man meinen könnte, dass es sich dabei um einen verrückten Kerl handelt. Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor fragt sich, warum The Wall Street Journal so etwas überhaupt veröffentlicht.

Perkins ist aber nicht ein Sonderfall, ergänzt Krugman. Nur um es klar zu stellen: die sehr Reichen und diejenigen vor allem an der Wall Street haben es unter Obama in der Tat schlechter als wenn Romney die Wahl 2012 gewonnen hätte.

Aber jede Gruppe findet sich auf der Verliererseite der politischen Debatte irgendwo auf dem Weg. Die Frage ist, was nun geschieht. Normale Menschen nehmen es in Kauf. Sie schreien nicht Hetzjagd, um ihre Kritiker mit Nazis zu vergleichen, dass die Welt sich um ihre verletzten Gefühle drehe. Aber die Reichen sind anders als du und ich, schildert Krugman weiter.

Sie sind es gewöhnt, mit Respekt behandelt zu werden, nicht nur von den Menschen, sondern durch die Politiker, die ihre Wahlkampfspenden wollen. Und sie sind schockiert, zu entdecken, dass das Geld nicht alles kaufen kann und dass sie sich von aller Not nicht herausnehmen können.




Durchschnittliche Steuersätze für die Top 1%, GraphProf. Paul Krugman

Die Bush-Steuersenkungen sind nicht vollständig dahin, erläutert Krugman. Am langen Ende sind sie aber aufgehoben worden. Dazu kommen noch zusätzliche Steuern, die mit Obamacare zu tun haben. Im Ergebnis sind die Steuern für reiche Amerikaner heute im Grunde genommen auf das Niveau vor der Reagan Ära zurückgesetzt worden.

Sonntag, 26. Januar 2014

Wrong

Buchbesprechung:

Richard S. Grossman: Wrong. Nine Economic Policy Disasters and What We Can Learn From Them. Oxford University Press, Oxford, New York, 2014.


Es wäre nicht übertrieben, die Subrime-Krise angesichts der schweren Nachwirkungen und der Zeitdauer als die schwierigste ökonomische Herausforderung für die industrialisierte Welt in den vergangenen 100 Jahren zu bezeichnen.

Es war sicherlich kein Zufall, dass Lehman Brothers, die viertgrösste US-Investmentbank eingestürzt ist. Die ganze Entwicklung hat mit schlechter Wirtschaftspolitik, die ideologisch geprägt ist, zu tun . Man denke zum Beispiel an die tatkräftige Deregulierung und die mangelhafte Aufsicht des Finanzmarktes.  Im Mittelpunkt stand das Dogma der neo-klassischen Lehre: „Staat ist Problem – Markt ist Lösung“.

Richard Grossman erläutert in diesem Sinne einige der schlimmsten wirtschaftspolitischen Fehlschläge in den letzten 200 Jahren. Es sind insgesamt neun Fälle, die der Autor besonders hervorhebt:

Das Scheitern der britischen imperialen Politik in Nordamerika,
Die erste und die zweite Bank der USA,
Die irische Hungersnot,
Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg,
Grossbritanniens Rückkehr zum Goldstandard,
Smooth-Hawley Tariff Act (das im Juni 1930 erlassene Gesetz in den USA, Zölle für 20‘000 Produkte auf Rekordniveau anzuheben),
Japans verlorenes Jahrzehnt,
Die Suprime-Krise,
Der Euro.

Die Hauptschuldigen sind seiner Ansicht nach die politischen Entscheidungsträger, die sich von der Ideologie leiten lassen, anstatt sich auf wirtschaftliche Analyse zu stützen. Entscheidungsträger, die auf eine bestimmte Idee zurückgreifen und diese als die einzige Anleitung der Wirtschaftspolitik zugrunde legen, verursachen  damit heftige Katastrophen für die Menschen und Länder.

Das Thema Ungleichheit und Ökonomen

In der oberen 5%, 1% und 0,01% läuft etwas wirklich Dramatisches ab. Die Ökonomen mögen zwar etwas über die Auswirkungen der wachsenden globalen Einkommensungleichheit wissen. Aber sie haben keine Ahnung, was es sich mit der oberen 1% genau auf sich hat, schreibt Justin Fox (h/t to Mark Thoma) in einem Artikel („We can’t not afford to leave inequality to the Economists“) in Harvard Business Review.

Es geht um eine der dramatischsten der wirtschaftlichen Entwicklungen im letzten Vierteljahrhundert. Und es scheint eine schlechte Sache zu sein. Aber überzeugende ökonomische Beweise für die schlechte Beschaffenheit der Angelegenheit lassen sich schwer allem Anschein nach schwer finden, beschreibt Fox.

Es gibt Theorien: Das Vermögen um die obere 1% führt zu mehr Blasen und Börsen-Crashs. Der extreme Reichtum verdirbt den politischen Prozess. Einkommensungleichheit mag sogar das gesamtwirtschafltiche Wachstum verlangsamen. Und es ist angesichts des abnehmenden Grenznutzen des Einkommens äusserst verschwenderisch für die Super-Reichen, so viel Einkommen zu haben.




Einkommensanteile in der Bevölkerung, Graph: Justin Fox in Harvard Business Review

Samstag, 25. Januar 2014

Warum sind US-Swap Spreads noch immer negativ?

Die aktuellen US-Treasury Swap Spread Sätze (*) sehen wie folgt aus:

10 Jahre: 12 Basispunkte
30 Jahre: -0.3 Basispunkte

Wie kann es sein, dass die Swap Spreads für US-Staatsanleihen mit 30 Jahren Laufzeit negativ sind? Schliesslich bestehen die Swap Spreads aus der Differenz zwischen den Swapsätzen und Rendite der US-Treasury Bonds.  

USD Swaps – US Treasury = UST Benchmark Swap Spread

Die Swap Spreads sind i.d.R. höher (Determinanten von Swap Spreads), weil sie sich aus variablen Zinssätzen ableiten lassen, die auf das Ausfallrisiko beruhen.

Des Rätsels Lösung:

Nachfrage, v.a. die Hedging-Nachfrage (für Derivate) .



US-Treasury Bonds Swap Spreads, Graph: Morgan Stanley

Beschäftigung und Ungleichheit sind eng verbunden

Was John Maynard Keynes 1936 geschrieben hat, gilt auch für heute. Und in einer besseren Welt würden unsere Politiker alles unternehmen, um soziale Verwerfungen zu beheben, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne ("The populist imperative") am Freitag in NYTimes.

“The outstanding faults of the economic society in which we live are its failure to provide for full employment and its arbitrary and inequitable distribution of wealth and incomes”

„Die herausragenden Verwerfungen der wirtschaftlichen Gesellschaft, in der wir leben, sind ihr Versagen, für Vollbeschäftigung zu sorgen und die willkürliche und ungerechte Verteilung von Vermögen und Einkommen“. (*)

Leider können wir uns glücklich schätzen, wenn Politiker sich wenn auch nur einer der zwei grossen wirtschaftlichen Störstellen annehmen. Wenn Präsident Obama mit seiner „Rede zur Lage der Nation“ die Ungleichheit ansprechen sollte, müsste jeder ihm Beifall spenden, bemerkt Krugman.

Die Politiker tun es aber nicht. Der Präsident steht zwei Arten von „sniping“ gegenüber: Die übliche Verdächtigen auf der rechten Seite des politischen Spektrums werden, was sie immer tun, wenn es um die Frage der Einkommensungleichheit geht,  gellend aufschreien: Klassenkampf! Aber es gibt scheinbar auch eher nüchterne Stimmen, die argumentieren, dass der Präsident das falsche Thema aufgreife: Beschäftigung, nicht die Ungleichheit sollte auf der obersten Stelle der Agenda stehen.

Sie liegen aber alle falsch, erklärt Krugman. Zunächst einmal sind Beschäftigung und Ungleichheit, wenn nicht identisch, eng verbunden. Darüber hinaus gibt es eine noch stärkere Argumentation dafür, dass die hohe Arbeitslosigkeit (durch die Zerstörung der Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer) zu einer Hauptquelle der wachsenden Ungleichheit und stagnierender Einkommen geworden ist, sogar auch für diejenigen Glücklichen, die einen Job haben.



Gallup Umfrage: 67% der Amerikaner sind mit Einkommen und Wohlstandsverteilung unzufrieden, Graph: Prof. Paul Krugman

FDIC schliesst eine kleine Bank am Freitag in Oklahoma

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag eine kleine Bank in Oklahoma geschlossen.

Damit ist im neuen Jahr die zweite Bankverstaatlichung vollzogen worden, nachdem im Vorjahr insgesamt 24 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen im Jahr 2012 markiert mit 51 einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Dennoch ist die Zahl ungewöhnlich hoch, da in einer wachsenden Wirtschaft jährlich i.d.R. nur vier oder fünf Banken im Durchschnitt geschlossen werden.

Die gestern verstaatlichte Bank verfügt über ein Anlagevermögen (assets) von 331,4 Mio. $ und Einlagen (deposits) von 328,8 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen Bank betragen für die öffentliche Hand  schätzungsweise 70 Mio. $.

Bankpleiten:

2014: 2
2013: 24
2012: 51
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

US-Unternehmensgewinne und Lohnstückkosten

US-Unternehmen hatten es noch nie so gut wie heute. Der Cash-Anteil von Unternehmen war noch nie so hoch, sowohl in USD als auch im Verhältnis zur US-Wirtschaftsleistung (gemessen am BIP).

Auf der anderen Seite mangelt es aber immer noch an sechs Millionen Arbeitsplätzen.

Ist es ein Zufall?

Nein, sagt Jan Hatzius, Chefökonom bei Goldman Sachs und ergänzt:

Die Stärke der Unternehmensgewinne hat direkt mit der Schwäche der Stundenlöhne zu tun. Während die Löhne nominal um 2% wachsen, schiessen Gewinne der Unternehmen durch die Decke, was zeigt, dass der US-Arbeitsmarkt noch weit entfernt von der Vollbeschäftigung ist.




US-Unternehmensgewinne im Verhältnis zum BIP, Graph: Reuters

Freitag, 24. Januar 2014

Schweiz will die Überhitzung auf dem Hypothekarmarkt verstärkt bekämpfen

Die SNB hat der Schweizer Regierung (Bundesrat) beantragt, den antizyklischen Kapitalpuffer (CCB) von 1% auf 2% der risikogewichteten Positionen zu erhöhen.

Bern ist einverstanden, dass die Erhöhung des CCB notwendig ist. Die Banken müssen demnach ab dem 30. Juni 2014 mehr Eigenmittel für Wohnbauhypotheken bereithalten.

Die Ungleichgewichte auf dem Markt für Wohnliegenschaften stellen ein erhebliches Risiko für die stabile Entwicklung der Volkswirtschaft dar. Vorrangiges Ziel des CCB ist laut Schweizer Regierung, die Gesamtwirtschaft und den Bankensektor gegenüber den Risiken eines übermässigen Kreditwachstums widerstandsfähiger zu machen.

Die gegenwärtige Entwicklung der Preisen für Wohnliegenschaften und der Mieten erinnert mittlerweile an den Immobilienboom Ende der 1980er Jahre in der Schweiz.



Kreditvergabe durch Schweizer Banken, Graph: Morgan Stanley

US-Schatzamt begibt zum ersten Mal Floating Rate Notes

Das US-Schatzamt will zum ersten Mal seit der Einführung der inflationsgeschützten US-Staatsanleihen (TIPS: Treasury Inflation Protected Securities) im Jahr 1997 ein neues Produkt auf den Markt bringen: Floating Rate Notes (FRNs).

Die ersten FRNs werden am 29. Januar 2014 versteigert. Die erste Floating Rate Note wird mit einer Laufzeit von 2 Jahren ausgegeben. Die Analysten von Morgan Stanley rechnen mit einem Emissionsvolumen von 10 bis 20 Mrd. USD. Danach dürften in rund zwei Monaten weitere zwei Wiedereröffnungen der Auktion mit jeweils 10 Mrd. USD folgen.

Floating Rate Notes (FRNs) sind Anleihen mit variabler Verzinsung. Die Verzinsung erfolgt zu einem Referenzwert (i.d.R. zum Libor). Die FRNs des US-Finanzministeriums beziehen sich auf 3-Monats T-Bills Zinssatz.



Replication 2y coupon notes using 3m T-Bills, Graph: Guneet Dhingra, Morgan Stanley

Donnerstag, 23. Januar 2014

Staatsanleihen-Bestände der Banken in Europa

Hier ist eine interessante Abbildung über die Bestände der europäischen Banken an Staatsanleihen im Vergleich. Die europäischen Banken halten weniger Staatsanleihen im Verhältnis zur Bilanzsumme als die Banken in anderen Ländern.

Die europäischen Banken hatten im Sog der Euro-Krise die Bestände an Staatsanleihen abgebaut. Seitdem die EZB via LTRO längerfristige Kredite zur Verfügung stellt, kaufen Banken v.a. in den von der Krise am stärksten betroffenen Ländern wieder mehr Staatsanleihen ihrer Herkunftsländer.

Ein weiterer Grund, warum die Banken vermehrt Staatsanleihen kaufen, ist, dass sie nach Eigenkapitalanforderungen als risikofrei gelten und dafür kein Eigenkapital gehalten werden muss.



Bestand an Staatspapieren der Banken in verschiedenen Ländern, Graph: Morgan Stanley

Mittwoch, 22. Januar 2014

Leistungsbilanz-Saldo der G10-Länder

Neuseeland dürfte 2014 das grösste Leistungsbilanzdefizit unter den G10-Ländern erzielen, wie die Analysten von Morgan Stanley in einer aktuellen Forschungsarbeit nahelegen.

In einem Umfeld, wo die US-Wirtschaft sich erholt und das Rendite-Niveau zu steigen beginnt, dürfte es für die Länder mit einem Defizit in der Leistungsbilanz schwieriger werden, Finanzierungsmittel aus dem Ausland anzuziehen.




Leistungsbilanz: Überschuss versus Defizit in G10-Ländern, Graph: Morgan Stanley

Ist Frankreich wirklich der kranke Mann Europas?

Immer die alte Leier: „Frankreich braucht Reformen“. Gemeint ist damit: Austerität, Lohnsenkungen, Sozialabbau, Privatisierung usw.

In den Mainstream-Medien wird v.a. die Staatsquote instrumentalisiert. Paris soll sich an Deutschland orientieren und durch Kürzung von Löhnen und Lohnnebenkosten die Wirtschaft angleichen.

Unabhängig davon, dass die Folge nichts anders als Deflation und sich vertiefende Rezession in ganz Europa bedeuten würde, ergreifen die Verbündeten der Cameron Regierung die Gelegenheit, sich über Hollande zu mokieren: Frankreichs Wirtschaft laufe im Sand, im Gegensatz zur britischen Glanzleistung.

Was sagen aber die Daten aus?

Der Verlauf der BIP-Entwicklung in beiden Ländern seit dem Ausbruch der Krise zeigt, dass keine Wirtschaft sich gerade mit Ruhm bekleckert hat. Aber es sieht mit Sicherheit nicht nach einem britischen Triumph aus.



BIP im Vergleich: Frankreich versus Grossbritannien, Graph: Prof. Paul Krugman

Dienstag, 21. Januar 2014

IMF warnt vor weiter fallenden Preisen in Europa

Der Internationale Währungsfonds (IMF) deutet in einer heute vorgelegten Mitteilung darauf hin, dass die niedrige Inflation im Euro-Raum in einer Deflation münden könne.

Die Risiken sehr niedriger Inflation rücken in den Vordergrund, schreibt IWF. Da die Inflation wahrscheinlich einige Zeit unter dem Zielwert verbleiben werde, dürften sich längerfristigen Inflationserwartungen zurückbilden. Damit würde die reale Schuldenlast steigen, was auf der bereits angeschlagenen gesamtwirtschaflichen Nachfrage lasten würde.

Die EZB soll weitere zusätzliche Massnahmen wie langfristige Bereitstellung von Liquidität und gezielte Kreditvergabe (targeted lending) in Betracht ziehen, um die Nachfrage zu beleben und die Fragmentation im Finanzmarkt zu unterbinden.



Handelsvolumen, Industrie Produktion, Graph: IMF in: “Is the tide rising?” World Economic Outlook, Jan 21, 2014


Wie soll Haushalten mit niedrigem Einkommen geholfen werden?

In den USA findet seit einigen Monaten eine Debatte unter Ökonomen darüber statt, ob der Mindestlohn und die Lohnauffüllung (EITC: Earned Income Tax Credit) sich ergänzen oder ersetzen.

Die Frage mag obskur vorkommen. Die Antwort ist aber wichtig, wenn es darum geht, sich festzulegen, wie armen Familien zu helfen ist, während auch die Wirtschaft angekurbelt werden soll.

Mark Thoma nimmt in einem lesenswerten Artikel („What’s the best way to help the poor?“) in CBS Money Watch Stellung dazu und erklärt vorerst den Unterschied zwischen sich ergänzenden und ersetzenden Waren im ökonomischen Sinne.

Im konkreten Fall geht es aber nicht darum, ob der Anstieg des „Preises“ des einen Gutes (Mindestlohn) zu einem Anstieg oder Rückgang des anderen Gutes (EITC) führt. Die Frage ist, ob wir Menschen mit niedrigem Einkommen durch den Mindestlohn oder allein durch die EITC helfen können. Oder anders formuliert, ob die Unterstützung für Haushalte mit niedrigem Einkommen durch eine Kombination der beiden Arten von Beihilfen erfolgen kann.

Die Antwort auf diese Frage ist umstritten. Viele Menschen glauben, dass die EITC (*) allein der beste Ansatz sei, während andere denken, dass eine Kombination von beiden am besten funktioniert.

Niedrige Inflation und Deflationsfalle

In der nach wie vor angeschlagenen Wirtschaft Europas steuern die nominalen Zinsen auf die Null-Grenze (zero lower bound) zu. Niedrige Inflation ist fast in der ganzen Welt weit verbreitet, wie in der Abbildung zu sehen ist.

Die Inflation verläuft beinahe quer über alle G10-Länder unterhalb des Zielwertes. 

Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HICP) fällt in Europa seit 12 Monaten so stark, dass die Eurozone jetzt nur noch ein Steinwurf vor dem Abrutsch in die Deflation entfernt ist, wie Morgan Stanley Analysten in einer gestern vorgelegten Forschungsarbeit zum Ausdruck bringen.

Die Gefahr ist, dass die realen Zinsen steigen, wenn die Inflationserwartungen sich weiter zurückbilden. Das wäre die Deflationsfalle, bevor die Eurozone in eine ausgemachte Deflation gerät. Der Anstieg der realen Last der Schulden hätte für die europäische Wirtschaft fatale Folgen.

Fakt ist, dass es der EU-Kommission einfach nicht gelingt, die Wettbewerbsfähigkeit im Euro-Raum via Lohnsenkungen (internal devaluation) zu erhöhen.



Niedrige Inflation rund um die Welt, Graph: Morgan Stanley

Montag, 20. Januar 2014

Wachsende Ungleichheit und unwürdige Reiche

Die Realität der steigenden Ungleichheit in den USA ist bestechend, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Unserving Rich“) am Montag in NYTimes.

Der amerikanische Kapitalismus untergräbt die Grundlagen der Mittelstandsgesellschaft.  Wir können und sollten über die Situation eine ernsthafte Debatte führen. Die einfache Tatsache ist aber, dass keine Bereitschaft dafür vorhanden ist, erklärt Krugman.

Das ist aber, wie der Klassenkampf, der bereits im Gang ist, darauf hindeutet, ein Ärgernis mit Plutokraten.  Im Ergebnis beobachtet Krugman zur Zeit eine entschlossene Kampagne der statitischen Verschleierung in Amerika.

Die Geschichte geht so: Amerikas Wohlhabende sind wohlhabend, weil sie in Sachen Life style die richtige Wahl getroffen hätten. Sie erhielten eine gute Ausbildung. Sie haben geheiratet und blieben verheiratet und so weiter. Wohlstand ist demnach eine Belohnung für die Zuneigung für die viktorianische Tugenden.

Was stimmt aber mit dieser Geschichte nicht? Selbst zu ihren eigenen Bedingungen postuliert sie Möglichkeiten, die es nicht gibt.

Wie sollen z.B. die Kinder der Armen oder sogar der Arbeiterklasse eine gute Ausbildung in einer Zeit der sinkenden Unterstützung durch die öffentliche Hand und der stark steigenden Studiengebühren an öffentlichen Universitäten bekommen? Auch wenn soziale Indikatoren wie Familien-Stabilität, zu einem wichtigen Ausmass,  wirtschaftliche Phänomene sind: Nichts fordert den Familien so schwer Tribut wie der Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten.



Wachstum des realen Einkommens nach Steuern in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman, Daten: CBO

Deutschlands Flirt mit Disinflation bedeutet Deflation für Europa

Die Erzeugerpreise (PPI) gewerblicher Produkte in Deutschland sind 2013 um 0,1% zurückgegangen. Damit wird immer deutlicher, wie die deutsche Wirtschaftspolitik das gemeinsam festgelegte Inflationsziel in der Eurozone unterbietet.

Dass die deflationären Kräfte dadurch verstärkt werden, bedarf keiner besonders tiefen Analyse. Harsche Austeritätspolitik, Lohnsenkungen und Sozialabbau bringen den privaten Verbrauch zum Erliegen.

Soll sich Europa am deutschen Wesen genesen, dann sind Stagnation und Deflation die Folge.



Deutschland Erzeugerpreisindex (2013): -0.1%, Graph: Statistisches Bundesamt destatis

Rationale Akteure und irrationale Märkte?

Roger Farmer, der in seinem Blog zum interessanten Artikel von Robert Shiller zum Thema „Irrationalität des menschlichen Handelns“ in NYTimes Stellung nimmt, bemerkt, dass wir nicht viel über die Rationalitätsannahme hinaus gehen müssen, um zu verstehen, was Finanzkrisen verursacht oder warum sie verheerend schmerzhaft für eine grosse Anzahl von Menschen sind.

Die Annahme, dass die Agenten Nutzen maximieren, kann uns sogar noch weiter helfen, so der an der University of California, Los Angeles (UCLA) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Zur Erinnerung: Shiller argumentiert, dass die Konzeption der Ökonomen, das menschliche Verhalten als rational zu betrachten, schwer mit dem Verhalten der Finanzmärkte in Einklang zu bringen ist.

Farmer deutet in seiner Forschungsarbeit darauf hin, dass der Arbeitsmarkt fehlschlagen kann, auch wenn jeder rational ist. Das gelte auch für die Finanzmärkte. Auch wenn davon ausgegangen werde, dass alle rational handeln, können auf Finanzmärkten alles schiefgehen.





Die unterschiedlichen Lebenschancen, in einem Boom oder einer Rezession auf die Welt zu kommen, Graph: Prof. Roger Farmer in: „The invariant distribution of human wealth

Sonntag, 19. Januar 2014

Wie rational sind Menschen in ihrer Entscheidungsfindung?

Die Frage, die die Ökonomen heute insbesondere im Sog der Finanzkrise trennt, lautet, ob die Menschen wirklich rational in ihrer Entscheidungsfindung sind?  

Die Spaltung war in der Veranstaltung „Nobel Week“ in Stockholm im vergangenen Monat offenkundig, schreibt Robert Shiller dazu in einem Artikel („The Rationality Debate, Simmering in Stockholm“) am Sonntag in NYTimes.

Es gab auch verwandte Fragen, so Shiller weiter: Macht es Sinn, anzunehmen, dass die wirtschaftliche Entscheidungen oder Marktpreise in der genau der selben Art und Weise modelliert werden, die die mathematischen Ökonomen es traditionell vorziehen? Oder gibt es eine Emotionalität in uns allen, die solchen Modellen standhält?

Diese Debatte ist nicht einfach nur akademisch, argumentiert der an der Yale University lehrende Wirtschaftsprofessor: Es ist von grundlegender Bedeutung und die Antworten tangieren fast alle. Sind spekulative Markt „booms and busts“ (wie jene, die zu der jüngsten Finankrise führten) Beispiele der rationalen menschlichen Reaktionen auf neue Informationen oder einfach verrückte Modeerscheinungen und Blasen (bubbles)?

Ist es vernünftig, die Theorien des ökonomischen Verhaltens, die sicherlich eine rationale, berechnende Komponente haben, auf der Annahme basieren zu lassen, wo es nur auf diese Komponente ankommt?

Arbeitslosigkeit im Licht von Wirtschaftsmodellen

Paul Krugman wird wegen seines Aufrufs für eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes in einem seiner Lehrbücher Scheinheiligkeit  vorgeworfen.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor schreibe dort, dass grosszügige Arbeitslosengelder sowohl die strukturelle als auch die friktionelle (*) Arbeitslosigket steigern können.

Chris Dillow bemerkt dazu, dass Krugman von dem Vorwurf befreit werden kann, wenn wir erkennen, dass die Wirtschaft nicht wie Naturwissenschaften funktioniert, wo die Theorien nicht universell anwendbar sind, sondern nur örtliche und zeitliche Gültigkeit haben.

„Lehrbuch Krugman“ hat in normalen Zeiten recht, wenn die gesamtwirtschaftliche Nachfrage besonders hoch ist. In einem solchen Fall kann der Anreiz, gegeben durch niedrige Arbeitslosengelder, die friktionelle Arbeitslosigkeit (Koexistenz der offenen Stellen und Arbeitslosigkeit) verringern und damit die Produktion (output) erhöhen und die Inflation reduzieren.

Aber wir befinden uns zur Zeit nicht in „normalen Zeiten“. Es könnte gut sein, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften ungewöhnlich schwach ist. Die niedrige Inflation und die Erwerbsquote (**) legen dies nahe. In dieser Welt geht es nicht darum, die friktionelle Arbeitslosigkeit zu verringern, sondern darum, „keynesianische Arbeitslosigkeit“ zu reduzieren.

Samstag, 18. Januar 2014

Die globale Finanzkrise und die Instrumente der SNB

Die Zentralbanken sind an das vom Gesetzgeber erteilte Mandat gebunden. Es gibt jedoch einen gewissen Spielraum, damit die Zentralbanken für die Sicherung der Preisstabilität sorgen können.

In diesem Zusammenhang hat Thomas Jordan, SNB-Präsident am Donnerstag einen Vortrag in Zürich gehalten. Im Zentrum stand die Frage, ob die Zentralbanken nun im Sog der Finanzkrise von 2008  ihre Rolle überdenken und allenfalls neu interpretieren müssen?

Sein Fazit: Die Zentralbanken sind in ihrer Rolle als Feuerwehr bisher insgesamt erfolgreich gewesen. Die SNB hat als unabhängige Zentralbank weiterhin (I) die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei (II) der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen.

Jordan hat ferner zu den seit ein paar Jahren v.a. in den amerikanischen Wirtschaftsblogs oft diskutierten drei Vorschlägen Stellung genommen.

(a) Der SNB-Chef ist damit nicht einverstanden, die Preisstabilität breiter zu interpretieren: Es wäre falsch, neben Konsumentenpreisen auch Vermögenspreise zu umfassen. Die SNB soll die Entwicklung der Vermögenspreise und insbesondere der Immobilienpreise nicht vernachlässigen. 

Aber sie sollte nicht versuchen, Vermögenspreise mit Hilfe des Zinsinstrumentes zu stabilisieren, weil es mit der Preisstabilität zu einem Zielkonflikt führen kann. Laut Jordan kann Übertreibungen an den Immobilienmärkten mit makroprudenziellen Instrumenten entgegengewirkt werden.



Schweiz Produktionslücke (output gap), Graph: SNB Quartalsheft 4/2013

FDIC schliesst eine kleine Bank am Freitag in Illinois

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag eine kleine Bank in Illinois geschlossen.

Damit ist im neuen Jahr die erste Bankverstaatlichung vollzogen worden, nachdem im Vorjahr insgesamt 24 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen im Jahr 2012 markiert mit 51 einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Dennoch ist die Zahl ungewöhnlich hoch, da in einer wachsenden Wirtschaft jährlich i.d.R. nur vier oder fünf Banken im Durchschnitt geschlossen werden.

Die gestern verstaatlichte Bank verfügt über ein Anlagevermögen (assets) von 61,7 Mio. $ und Einlagen (deposits) von 59,6 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen Bank betragen für die öffentliche Hand  schätzungsweise 1,6 Mio. $.

Bankpleiten:

2014: 1
2013: 24
2012: 51
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Freitag, 17. Januar 2014

Schade um Europa - Frankreich macht sich das Say’sche Gesetz zu eigen

François Hollande hat etwas wirklich Skandalöses getan, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Scandal in France“) am Freitag in NYTimes.

Der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor redet natürlich nicht über die angebliche Affäre des französischen Präsidenten. Was schockierend war hingegen Hollandes Umklammerung der bereits diskreditierten wirtschaftspolitischen Lehrmeinung der Rechten.

Es ist ein Hinweis darauf, dass Europas anhaltende wirtschaftliche Probleme nicht vollständig auf die schlechten Ideen der rechten Seite des politischen Spektrums zurückgeführt werden können, erklärt Krugman.

Ja, die gefühllosen, verbohrten Konservativen betreiben die Politik seit langem. Aber sie werden von den rückgradtlosen und wirren Politikern auf der linken Seite des politischen Spektrums geradezu unterstützt und aktiviert.

Im Moment scheint Europa aus der Double-dip Rezession zu kommen und etwas zu wachsen. Aber der leichte Aufwärtstrend folgt mehreren Jahren einer katastrophalen Performance.

In diesem depressiven und deprimierenden Umfeld schneidet Frankreich nicht besonders schlecht ab. Es ist wahr, dass die neuesten Daten darauf hindeuten, dass Frankreich am allgemeinen Aufwärtstrend Europas nicht beteiligt ist. Die meisten Beobachter führen aber die Entwicklung auf die Austeritätspolitik zurück.

Hollande hat nun über seine Pläne für einen Kurswechsel der Wirtschaftspolitik gesprochen. Und es ist schwer, das Gefühl der Verzweiflung nicht zu spüren, beschreibt Krugman.



Frankreichs Fiskal Ausblick, Graph: Prof. Paul Krugman

Donnerstag, 16. Januar 2014

Disinflation und Debt-Deflation in der Eurozone

Die jährliche Inflation im Euro-Raum ist im Dezember (*) auf 0,8% von 0,8% im November gefallen. Die monatliche Inflation belief sich im Dezember 2013 auf 0,3%. Die Kerninflation ist bereits vor einem Jahr Monat auf den Tiefstand von 0,7% gesunken.

Der Euro-Raum befindet sich ohne Zweifel nahe Deflation Gefahrenzone. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat heute vor einer zunehmenden Gefahr der Deflation gewarnt: „Wenn die Inflation der Geist aus der Flasche ist, dann ist die Deflation das Ungeheuer, das entschieden bekämpft werden muss“.

Die Risiken, die Deflation entfaltet, sind gut bekannt:

Erstens das Risiko durch die Schaffung von Erwartungen, dass die Preise im nächsten Jahr noch niedriger sein werden, was Konsumenten veranlasst, das Konsumverhalten zu zügeln. Verschieben die Verbraucher Einkäufe, sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, was auf die Preise weiteren Abwärtsdruck ausübt.

Zweitens das Risiko, dass die fallenden Preise die reale Last der Schulden erhöhen. Wenn die Preise fallen, fallen auch die Einnahmen der öffentlichen Hand und der privaten Haushalte, während der Schuldendienst unverändert bleibt. Dies zwingt den privaten Sektor und die öffentliche Hand, einen höheren Anteil des Einkommens für die Bedienung der Schulden auszugeben.

Das wiederum erhöht die Intensität des Deflationsprozesses, wie Paul de Grauwe in einem lesenswerten Artikel („Should we worry about deflation?“) in The Economist erläutert. Und das ist wahrscheinlich der wichtigste negative Effekt der Deflation.

François Hollande: Angebotspolitiker auf der Null-Linie

François Hollande hat am Dienstag vor den Medien seinen “Responsibility Pact“ vorgestellt. Der Staat soll die Gürtel enger schnallen. Gespart werden sollen 50 Mrd. EUR zwischen 2015 und 2017 (was rund 4% der Staatsausgaben entspricht).

Was darüber hinaus wie eine Bombe eingeschlagen hat, ist die wirtschaftspolitische Kursänderung im radikalen Ausmass. Der französische Staatspräsident mausert sich zum Angebotstheoretiker.

Der Staatschef, der vor einem Jahr als Sozialist gewählt wurde, lässt sich nun zum „modernen Sozialdemokrat“ machen, wie Heiner Flassbeck in seinem Blog auf den Punkt bringt.

Das politische Ziel sei, Frankreichs Wirtschaft zu stärken. Dafür sei eine Politik des Angebots notwendig. Ganz nonchalant sagt Hollande im gleichen Atemzug, dass das Angebot die Nachfrage schafft.

Das ist das Say’sche Gesetz, was im Grunde genommen vor 75 Jahren widerlegt worden ist. Es ist insofern bizarr als Hollande sich mit einer neo-liberalen Rhetorik auf eine Zombie-Idee abstützt, um eine wirtschaftspolitische Wende herbeizuführen.



Trotz des anhaltenden Nachfrageausfalls im Euro-Raum will die französische Regierung die Staatsausgaben weiter senken, Graph: Morgan Stanley

Verbraucherpreise in Deutschland steigen 2013 um 1,5 Prozent

Im Jahresdurchschnitt sind die Verbraucherpreise in Deutschland gegenüber 2012 um 1,5% gestiegen.

Damit ist die Preisstabilität in Deutschland nicht gewährleistet. Vor allem unterschreitet Berlin auf diese Weise das gemeinsam vereinbarte Inflationsziel in der EU und erschwert den Anpassungsprozess an der EU-Peripherie.

Da der Anstieg der Lohnstückkosten in Deutschland unter dem Inflationsziel bleibt, werden die von der Krise besonders schwer getroffene Länder gezwungen, weiterhin am harschen Kurs der Austerität festzuhalten.

Das heisst, dass sie weiter sparen müssen. Da die Mitglieder in einer Währungsunion keine eigene Währung haben, die sie hätten abwerten können, werden sie angehalten, interne Abwertung (internal devaluation) zu betreiben.

Das bedeutet wiederum Anpassung der Kosten und Preise nach unten. Es liegt auf der Hand, dass die Folge daraus Deflation und Stagnation in der gesamten Eurozone sind. Und damit geht einher, dass eine lange Phase der Massenarbeitslosigkeit erlitten werden muss.



Verbraucherpreise (CPI) Deutschland 2013, Graph: Das Statistische Bundesamt (destatis)