Hinter dem Ansatz Austerität steht die
neoklassische Schule, die gleichzeitig das Motto pflegt, wonach der Staat immer
das Problem und der Markt die Lösung ist. Der Staat soll daher möglichst
zurückgedrängt werden. Das neoklassische Paradigma verhindert sogar die Politik,
auf den Klimawandel wirksam zu reagieren.
Einer der bekanntesten Einwände, um zu zeigen, in
wieweit die öffentliche Hand in die Wirtschaft eingreife, betrifft die Steuern.
Die Behauptung ist einfach formuliert: Die starke Steuerlast verringert das Wirtschaftswachstum.
Ist es aber wirklich so klar? Nein, keinesfalls.
Charles
I. Jones zeigt in einer lesenswerten NBER-Forschungsarbeit (The Facts of Economic Growth), die der Autor bescheiden als working process nennt, anhand von ein paar
sehenswerten Abbildungen, dass die Wachstumsraten im 20. Jahrhundert
bemerkenswert stabil waren (nach 1950 waren sie eigentlich höher als davor),
obwohl der Anteil der Steuereinnahmen am gesamten BIP seit 1980 stets gestiegen
ist; von 10% des BIP im Jahr 1929 bis zu mehr als 30% im Jahr 2000.
Wachstumsrate des BIP pro Kopf und die
Steuereinnahmen des Staates in den USA, Graph:
Charles I. Jones in: "The Facts of Economic Growth"
Schlussfolgerung der Analyse ist, um es kurz zu fassen, dass der Anteil
der Steuereinnahmen am BIP mit der Performance der Wirtschaft positiv
korreliert, nicht negativ.
Steuereinnahmen als Anteil des BIP sind mit der
Performance der Wirtschaft positiv korreliert, Graph: Charles I. Jones in: "The Facts of Economic Growth", NBER-Paper
Natürlich reden wir hier von einfachen
Korrelationen. Aber es liegt auf der Hand, dass der Staat die Steuereinnahmen
nicht einfach in den Ozean schmeisst, sondern für gute Zwecke investiert, um
öffentliche Dienstleistungen für die Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, wie
z.B. die Bereitstellung eines stabilen Rechtssystems, der Bewahrung der Justiz,
der Bildung, der öffentlichen Gesundheit, der Strassen, der Grundlagenforschung
und so weiter.
Der Staat ist daher nicht mit gleichen
Haushaltsbeschränkungen konfrontiert wie private Haushalte oder Unternehmen. Tatsache
ist zudem, dass die Staatsschulden nicht eine Belastung zukünftiger Generationen
darstellen. Die Inhaber genau dieser Staatspapiere befinden sich nämlich unter den
angeblich belasteten zukünftigen Generationen.
Vor allem, wenn die Forderungen an den Staat im
gleichen Ausmass wachsen wie seine Schulden, ist es Unsinn, zu behaupten, dass
die Verschuldung des Staates zukünftige Generationen belastet, weil diese nicht
nur die Schulden des Staates erben, sondern auch die Forderungen gegen den
Staat.
Der Staat ist also keine schwäbische Hausfrau. Sparen in einer Depression ist deswegen das falsche Rezept. Das Konzept der „expansiven
Fiskalkontraktion“ ist folglich von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil eine Fiskalkontraktion
einfach kontrahierend wirkt.
Wenn aber private Investoren als Gläubiger
bereitstehen würden, um die Ersparnisse der privaten Haushalte aufzunehmen und
zu investieren, dann soll der Staat nicht in Konkurrenz treten. Das ist aber
heute nicht der Fall. Die Unternehmen sitzen auf einem Berg von Cash, während
die Wirtschaft weiter stagniert. Daher ist der Ruf nach einem Policy-Mix gerechtfertigt und unter den
vorherrschenden Umständen sogar notwendig.
Bemerkenswert ist allerdings, dass die Stimmen sich nun auch
in Europa in letzter Zeit mehren, die eine aktive Fiskalpolitik fordern.
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