Die Gerüchte darüber, dass die EZB angeblich über
eine vorzeitige Verringerung der Anleihekäufe nachdenke, hat vergangene Woche
einen Anstieg der Renditen der deutschen Staatsanleihen ausgelöst.
Der europäische Bond-Markt geriet unter Druck und
das Tapering-Thema ist damit wieder
ins Zentrum gerückt. Doch was sich am Markt abspielt, deutet darauf hin, dass
die EZB das laufende Programm vorerst um ein halbes Jahr verlängert.
Es ist dennoch schwer, einzuschätzen, wie die
Märkte denken, wie lange sich die QE-Politik noch fortsetzen mag. Zur ersten
Zinserhöhung um 25 Basispunkte (0,25%) dürfte allerdings laut Future-Märkten
erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 kommen. Damit sind auch die jährlichen
Inflationserwartungen zuletzt wieder unter der Marke von 1 Prozent abgerutscht.
Entscheidend für die angesprochene Einpreisung
des ersten Zinsanstiegs im Jahr 2021 sind die schwachen Inflationsaussichten (headline inflation). Tatsache ist, dass
die EZB die eigene Zielinflationsrate (nahe 2% auf mittlere Sicht) seit vier
Jahren unterbietet und nun auch der Trend der Kerninflation (core inflation) sehr schwach verläuft.
Die erste Zinserhöhung durch die EZB dürfte nicht
vor der ersten Jahreshälfte 2021 kommen, Graph:
Morgan Stanley
Eine flache Phillips Kurve bedeutet daher nicht, dass
eine sich andeutende Erholung der Arbeitsmärkte zu einem Anstieg der Inflation
führt.
Es gibt angesichts der trägen Wachstumsrate und
der anhaltend geöffneten Produktionslücke (output
gap) kaum Anlass, einen erhöhten Inflationsdruck zu erwarten.
Im Gegensatz zu dem, was öffentlich geglaubt und
verbreitet wird, steigen die Löhne in Deutschland
von Jahr zu Jahr nicht stärker, sondern schwächer, wie Heiner Flassbeck in Makroskop unterstreicht.
Die Entwicklung der Löhne in Deutschland
(entscheidend sind die Tariflöhne pro Stunde), Graph: Heiner Flassbeck in Makroskop
Ohne Lohnwachstum kommt der private Verbrauch
nicht vom Fleck. Und Unternehmen sehen folglich keinen Anreiz, Investitionen zu
erhöhen.
Bemerkenswert ist zudem, dass das
Einkommenswachstum in Beschäftigung sich in dieser Phase der wirtschaftlichen
Erholung langsam entwickelt hat. Die Schaffung von festen Arbeitsplätzen ging
mit einem stagnierenden Lohnwachstum einher. Es besteht daher die Gefahr, dass
die Volkswirtschaften in eine Niedriglohn-Wachstum-Falle geraten, wie das
Beispiel von Japan in den letzten zwei Jahrzehnten zeigt, beschreibt Angel Ubide von Goldman Sachs in einem lesenswerten Artikel in voxeu.
Der Verlauf der 10y10y Real-Zinsen in den USA, Graph: voxeu
Ein gut konzipiertes öffentliches
Investitionsprogramm könnte höher bezahlte Arbeitsplätze generieren und die
Produktivität steigern. In Kombination mit einer Ausweitung der Einkommenspolitik
würde für einen Anstieg des Lohnwachstums gesorgt und die Ungleichheit
abgebaut, hält der Managing Director
der amerikanischen Investmentbank fest.
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