„Die Reichen sind nicht wie du und ich: sie
tragen weit mehr für die Gesellschaft bei als alle anderen“. So lautet eine
abgedroschene Aussage, die zuletzt auch Gregory
Mankiw benutzt hat. Der an der Harvard
University lehrende Wirtschaftsprofessor versucht damit in einem Essay („Defending the One Percent“), die
reichsten 1% in Schutz zu nehmen.
Mankiws Lob für talentierte Superstars wie Steven
Jobs, J.K. Rowling und Steven Spielberg blüht schnell in ein allgemeines
Argument, dass Arbeitnehmer in wettbewerbsfähigen Arbeitsmärkten genau das
bezahlt bekommen, was sie verdienen.
Das ist natürlich Musik in den Ohren der Bezieher
der hohen Einkommen, und fördert damit einen sehr menschlichen Wunsch, daran zu
glauben, dass die Welt gerecht ist, schreibt Nancy Folbre dazu in einem Beitrag für das Blog Washington Center for Equitable Growth.
Dieses Argument basiert auf neoklassischen ökonomischen Theorien, welche die Domäne der menschlichen
Wahlmöglichkeiten in engen Bedingungen definieren, und die Auswirkungen von z.B.
Pech, schlecht funktionierenden Märkten und Ungleichheiten minimieren, betont
die Wirtschaftsprofessorin emeritus an der University
of Massachusetts, Amherst.
Mankiws Argument lässt daher Raum für „schlechtes
Verhalten“ von Unternehmen, welches in engen Voraussetzungen als „gaming the system“ angesehen wird. Was aber
der ehemalige Wirtschaftsberater von Präsident George W. Bush am meisten
bedauert, ist die staatliche Einmischung in das System.
Das durchschnittliche Jahreseinkommen von
Privatpersonen (25-34 Jahre) in den USA, Graph:
Nancy Folbre in: „Just deserts? Earnings inequality and bargaining power in the
US economy“, Oct 2016.
Die meisten Ökonomen teilen jedoch solche Ansichten
nicht ausdrücklich. Aber die lange Ausbildung in Jahren mit neoklassischen
Wirtschaftstheorien prädisponiert sie zu der Ansicht, dass die perfekt
wettbewerbsfähigen Märkte gerechte und effiziente Ergebnisse liefern.
So betrachten sie „rent seeking“ oder die Bemühungen darum, auf Kosten anderer reich
zu werden, durch die (vergleichende) Linse von hypothetischen Marktergebnissen,
erklärt Folbre weiter. Und so wird die Einflussnahme der Meritokratie auf dem
Markt gerechtfertigt.
Das Median-Einkommen von jungen Frauen nach Ausbildung in den USA, Graph: Nancy Folbre in: „Just deserts? Earnings inequality and bargaining power in the US economy“, Oct 2016.
Aus dieser Sicht können laut Folbre die
Bemühungen um die Erhöhung des Mindestlohns als unfair angesehen werden,
genauso wie die Vergütungspraktiken von Firmenvorständen und anderen gut
betuchten Top-Managern.
Wie die neoklassische Wirtschaftstheorie ist aber
auch dieser Ansatz zu eng. Wettbewerbsmärkte umfassen einen relativ kleinen
Teil einer Volkswirtschaft, dominiert von grossen multinationalen Konzernen und
Firmen.
Die Bemühungen, auf Kosten anderer reich zu
werden, entfällt auf die akademische Rubrik von Verteilungskonflikten. Formen der
kollektiven Verhandlungsmacht, die auf Staatsbürgerschaft, Klasse, Rasse, ethnischer
Herkunft und Geschlecht basieren, beeinflussen die Ressourcen, die die Menschen
auf den Arbeitsmarkt mitbringen, schlussfolgert Folbre in ihrem Working Paper.
Einige leisten mehr und einige weniger für die
Gesellschaft. Keine/r von uns bekommt aber das, was sie/er verdient. Ein
Unterschied zwischen den Reichen und uns ist, dass die Reichen mehr Geld haben.
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