Larry
Summers verweist in einem lesenswerten Artikel in WaPo auf eine aktuelle IWF-Studie
über die Einkommenspolarisierung in den USA.
Die Autoren der Forschungsarbeit verwenden
standard-ökonometrische Techniken, um die Auswirkungen des Einkommensrückgangs der
Mittelschicht auf die gesamten Konsumausgaben zu schätzen.
Die Analyse kommt
zum Schluss, dass die Einkommenspolarisierung die privaten Ausgaben um mehr als
3% (rund 400 Mrd. USD pro Jahr) verringert.
Wenn das vorliegende Ergebnis einer genauen Prüfung
standhält, hat es wichtige wirtschaftspolitische Konsequenzen. Denn die
genannte Summe ist in der Tat enorm. Wenn die Verbraucher 3% mehr ausgeben
würden, gäbe es Spielraum für die Vollbeschäftigung und die Zinsen, sich wieder
dem neutralen Zinssatz (Gleichgewichtszinssatz) anzunähern, argumentiert
Summers.
Was wäre zum Beispiel eine wirtschaftspolitische
Implikation?
Der an der Harvard
University tätige Wirtschaftsprofessor sagt, dass es eine Reihe von
Möglichkeiten gibt, die Arbeitnehmerrechte zu stützen, von Tarifverhandlungsvereinbarungen
über Investitionen in die Infrastruktur bis zu einem progressiv gestalteten
Steuersystem.
Der gesamte Konsumrückgang von 1998 bis 2013 in
der US-Wirtschaft, Graph: IMF via
Larry Summers in WaPo
Wie sieht die Situation in Europa aus?
Heiner Flassbeck ist eine einsame Stimme unter den
Ökonomen in Deutschland, die seit Jahren wiederholt darauf hinweist, dass nicht
die Staatsschulden die Ursache der europäischen Krise sind, sondern die
Ungleichgewichte im Aussenhandel, die dadurch entstehen, dass alle Länder (aufgefordert
von Brüssel und Berlin) gleichzeitig versuchen, die Probleme mit internal devaluation (d.h. Lohnkürzungen und Sozialabbau) zu lösen.
Die Lohnmoderation verschlechtert zweifelsohne die
Einkommensaussichten, sodass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage sinkt. Wenn gleichzeitig
auch die Unternehmen und die öffentliche Hand sparen, dann entsteht ein
Teufelskreis. Die Arbeitslosigkeit steigt.
Wenn obendrauf der Spitzensteuersatz gesenkt wird
und die Löhne der Bezieher niedriger Einkommen stagnieren, verstärkt die
Einkommenspolarisierung die oben beschriebene Abwärtsspirale weiter.
Die Ausweitung atypischer
Beschäftigungsverhältnisse mit unterdurchschnittlicher Entlohnung (genannt Arbeitsmarktreform)
führt dann zur Schrumpfung der Mittelschicht.
Woher soll dann das Wirtschaftswachstum kommen, wenn
die deutsche Bundesregierung im schwer angeschlagenen Umfeld der europäischen Wirtschaft krampfhaft eine „schwarze Null“ im Haushalt
durchsetzen will, während die Ersparnisse die Investitionen um 310 Mrd.
EUR (Leistungsbilanzüberschuss: ca. 9% des BIP) übersteigen?
Wer soll die Ersparnisse aufnehmen und investieren? In erster Linie sicherlich die privaten Unternehmen. Wenn sie sich aber weigern, dies zu tun, aus welchem Grund auch immer, dann bleibt nur ein einziger Akteur zurück: Der Staat.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen