Freitag, 23. September 2016

Keine guten alten Zeiten mehr für Haushaltskonsolidierung

Das ist eine besonders aufschlussreiche Abbildung über die Gesamtsituation der europäischen Wirtschaft. Gezeigt werden die Finanzierungssalden in einzelnen Sektoren:

Was auffällt ist, dass die Ersparnisse der Unternehmen seit geraumer Zeit wieder steil ansteigen, während die privaten Haushalte längst auf der Sparer-Seite verweilen.

Beide Sektoren sind also Netto-Sparer. Das heisst, dass die Finanzierungssalden der privaten Haushalte und der Unternehmen einen Überschuss aufweisen.

Wer angesichts dieser prekären Konstellation auch noch die Staaten im Euro-Raum auffordert, Schulden abzubauen und Überschüsse im Haushalt zu erzielen, hat bei allem Respekt nicht alle Tassen im Schrank. Denn es besteht sonst die Gefahr, dass die Wirtschaft zusammenbricht, wenn auch die öffentliche Hand die Gürtel enger anschnallt.



Finanzierungssalden der privaten Haushalte und der Unternehmen sind im Euro-Raum im Überschuss, Graph: Morgan Stanley


Auch in Japan sieht die Gesamtlage nicht besser aus. Das bedeutet, dass auch die japanische Wirtschaft Fiscal Stimulus bitter nötig hat.



Finanzierungssalden der privaten Haushalte und der Unternehmen sind in Japan im Überschuss, Graph: Morgan Stanley

Fazit: Es gibt keine guten alten Zeiten mehr für Haushaltskonsolidierung, wie Heiner Flassbeck mit seinem jüngsten Blog-Eintrag den Nagel auf den Kopf trifft.

Verantwortlich dafür ist die Angebotspolitik-orientierte neoliberale Wirtschaftskonzeption, die koste was es wolle am Kurs der Austerität festhält und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zum Erliegen gebracht hat.

Die dazu zugrundeliegende Analogie, dass ein Land wie ein privater Haushalt funktioniert, ist einfach völlig falsch, wie Paul Krugman in seinem Vortrag gestern an der Uni Zürich unterstrichen hat. Weil die Verfechter des Konzeptes nicht an die Nebenwirkungen (Schrumpfung des Wachstums) denken, sind Millionen von Menschen heute in Europa ohne Job.

Makroökonomie á la "Schwäbische Hausfrau" hat mit dem Trugschluss der Verallgemeinerung den ganzen Kontinent aufgeschreckt: 

Griechenland ist dabei eine schreckliche Story: eine Depression auf dem Niveau der 1930er Jahre. Es ist so weit gekommen, nicht weil die Griechen weniger produktiver geworden sind, sondern weil die Nachfrage zusammengebrochen ist, aufgrund der radikalen Kürzung der Staatsausgaben auf Empfehlung der Troika.

Keine Kommentare: