Dienstag, 20. September 2016

Lehren aus der Krise und New Normal

Was haben wir aus der Krise gelernt? Das war die Frage, mit der sich Paul Krugman in seinem Referat am Graduate Institute Geneva in der Schweiz am Dienstag auseinandergesetzt hat. 

Der am Graduierten Zentrum der City University New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor erinnert daran, wie die Globale Finanzkrise, je nach Interpretation im Juli 2007 mit BNP Paribas’ Verbot von Rückzügen aus zwei seinen Fonds oder im September mit dem Konkurs von Lehman begann, eine globale Rezession ausgelöst hat.

Was bemerkenswert ist, dass die Nachbeben uns heute noch beschäftigen, obwohl der freie Fall Mitte 2009 zu einem Ende kam. Die Wachstumsrate danach fiel im Allgemeinen niedriger aus als vor der Krise. Und die Weltwirtschaft hat den verlorenen Boden seither nicht wieder gutmachen können.

Die Rede ist von 8 bis 9 Jahren, die seither verstrichen sind, was im Grunde genommen einen längeren Zeitraum erfasst als die berühmt-berüchtigte Ära der Stagflation in den 1970er und den frühen 1980er Jahren. Die Kosten der Krise und der Nach-Krise sind viel höher als die der Stagflation Ära, mit viel steileren und längeren Rückgängen im Einkommen, der Beschäftigung und mit mehr sozialer und politischer Zerrüttung.

Was laut Krugman seltsam ist, dass die Globale Finanzkrise, während die Stagflation einen grossen Einfluss auf das wirtschaftliche Denken (sowohl auf der akademischen Ebene als auch auf konventionelle Weisheit unter den politischen Entscheidungsträgern) ausgeübt hat, viel weniger Einfluss hatte.


Globale Einkommensungleichheit: Was ist der Unterschied zwischen der absoluten und der relativen Ungleichheit, Graph: Miguel Nino-Zarazua, Laurence Roope and Finn Tarp in: voxeu: „Income inequality in a globalising world


Es ist beachtenswert, dass Ökonomen und wirtschaftspolitische Entscheidungsträger heute noch die gleichen Dinge sagen wie im Jahr 2007. Aus irgendeinem Grund scheint es keinen klaren Konsens darüber zu geben, welche Lehren, wenn überhaupt, aus dem schrecklichen Verlauf der Wirtschaft zu ziehen sind.

Es gibt aber laut Krugman drei Hauptkategorien von Dingen, die wir in den vergangenen 9 Jahren hätten herausfinden sollen:

(1) Die Rechtfertigung für alte und unmoderne Ideen (oldies but goldies), die in den nächsten Jahrzehnten nach 1970er Jahren heruntergespielt und in manchen Fällen sogar effektiv boykottiert wurden, die sich jedoch in der Welt nach der Krise in der Praxis als bemerkenswerte Leitfäden für die Wirtschaftspolitik erweisen.

(2) Es gab einige Enthüllungen über die Finanzmärkte, insbesondere über die Rolle der Liquidität Das alles habe dazu beigetragen, wie Krugman heute die Welt betrachte, was zugleich wichtige wirtschaftspolitische Auswirkungen hat.

(3) Wir haben einige wichtige und unangenehme Entdeckungen über die Politik und die Soziologie der Wirtschaft selbst gemacht, über den Widerstand sowohl des Berufsstandes Ökonomie als auch über die Beamten im öffentlichen Dienst, angesichts der gegenteiligen Informationen die herkömmliche Ansicht zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern-

Krugmans weitere Ausführungen sind als Denkanstoss auf jeden Fall lesenswert.

Ob das schwache Wirtschaftswachstum nun das New Normal ist das Thema, mit dem sich Mark Thoma in einem lesenswerten Beitrag in CBS money watch beschäftigt.

Der an der Oregon University lehrende Wirtschaftsprofessor legt zunächst kurz dar, wie Robert Gordon und Larry Summers das verlangsamte Wirtschaftswachstum definieren und erklärt dann, welche Konsequenzen sich möglicherweise daraus für die US-Wirtschaft ergeben.

Ein wichtiger Aspekt ist, wie Thoma betont, dass das geringere Wirtschaftswachstum es erschwert, das Problem der Einkommensungleichheit anzugehen. 

Erstens Löhne; weil die Löhne schneller wachsen, wenn die Wirtschaft auf Vollbeschäftigung ist und das Lohnwachstum sorgt dafür, dass die Arbeitnehmer einen grösseren Anteil am wirtschaftlichen Kuchen bekommen. 

Zweitens Einkommensumverteilung; wenn nämlich das Wirtschaftswachstum robust ist und das Einkommen relativ rasch wächst, dann sind die Menschen eher breit, die Steuer- und Sozialversicherungspolitik zu unterstützen, und damit die Umverteilung von Einkommen zu fördern.

Die Wachstumsschwäche verringert die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand. Und weil auch die Beschäftigung langsamer wächst, wird es schwierig einen Job zu finden. Wenn der Staat die Ausgaben für die Sozialprogramme erhöht, dann steigt das Haushaltsdefizit und die Anhänger der Austerität fordern sofort Haushaltskonsolidierung mitten in einem schweren Abschwung, womit die Stagnation verstärkt wird.




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