Donnerstag, 1. September 2016

Was Europa nach dem „Brexit“ braucht

Vor rund zwei Monaten wurde ein offener Brief von einer Reihe von renommierten Ökonomen (Barry Eichengreen, Olivier Blanchard, Paul De Grauwe, Peter Bofinger u.a.) veröffentlicht. 

Die Unterzeichner der bei voxeu verfassten Erklärung stellen Überlegungen darüber an, was getan werden soll, um die EU nach dem Brexit-Referendum stabiler zu gestalten.

Die Argumentation der Autoren hat allerdings keine besondere Resonanz gefunden. Brad DeLong beispielsweise gefällt die öffentliche Erklärung überhaupt nicht.

Auch Paul Krugman betrachtet die Übereinstimmung in seinem Blog als unverständlich. Die Initiatoren fordern u.a. Liquiditätsunterstützung, wo ein Schuldenerlass angebracht wäre. 

Eine gemeinsame Einlagensicherung in der EWU wird nicht einmal erwähnt. Es wird zwar auf die Möglichkeit von secular stagnation verwiesen. Aber in Sachen fiscal stimulus füllen sich die Autoren in Schweigen. Und natürlich bleibt das Manifest nicht ohne die Aufforderung des universellen Elixiers der Eliten: Strukturreformen.



Die Rendite der deutschen und japanischen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: FastFT


Obwohl es keine Korrelation zwischen dem Verlauf der Wirtschaft in der Euro-Krise und der Höhe der Staatsschulden gibt, betonen die Autoren des offenen Briefes, dass die Höhe der Staatsausgaben, nicht das Defizit, das Hauptproblem sei.

Das trifft nicht zu, wie Sven Wren-Lewis in seinem Blog bekräftigt.

Denn es klingt so, wie wenn die Grösse des Staates zu gross wäre und wir es dringend nötig hätten, die Staatsverschuldung zu kürzen, um die Grössenordnung des Staates zu korrigieren.

Welche Ansicht man auch immer über die Grösse des Staates („Big Government“) vertreten mag, ist es offensichtlich eine höchst politische Frage. Im Gegensatz dazu sind aber die Fragen über die angemessene Grössenordnung der Staatsschulden nicht politisch, legt der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Aus diesem Grund sollten sind Haushaltsregeln auf das Defizitziel beziehen, nicht auf die Ausgaben der öffentlichen Hand, so die Schlussfolgerung von Wren-Lewis.



Die Rendite der deutschen und japanischen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit (längerfristig), Graph: FastFT

Fazit: Europas Wirtschaft steckt in einer Depression. Während die Inflation seit mehreren Jahren deutlich unterhalb des Zielwertes verläuft, bleibt die Produktionslücke (output gap) geöffnet. Was notwendig ist, ist Nachfrage-Stimulus, keine Strukturreform.








1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"Europas Wirtschaft steckt in einer Depression. Während die Inflation seit mehreren Jahren deutlich unterhalb des Zielwertes verläuft, bleibt die Produktionslücke (output gap) geöffnet. Was notwendig ist, ist Nachfrage-Stimulus, keine Strukturreform."

WEIL die Produktionslücke in Europa besteht, wird die Zielinflation unterboten!!!

Produktionslücke = Arbeitslosigkeit = Nachfragemangel = Deflation. EZB - Inflationsrate der Eurozone ist ein Durchschnitt der Inflationsraten der Mitgliedsländer. Die Logik der "internal devaluation" verlangt von den defizit-Ländern Deflation (Preissenkung) also preisliche Anpassung nach unten ( in Vergleich zu den Überschussländern - v.a. D.) zu vollziehen. Ein schmerzhafter und langwiriger Prozess über Jahre oder sogar Jahrzehnte, der mit massiven sozialen Verwerfungen in den betroffenen Ländern verbunden sein muss. Das wird bewusst von den "Entscheidungsträgern" in Kauf genommen. Die EZB hat die Macht und die Möglichkeit in der Hand die Krise zu beenden und die Wachstumsraten in den einzelnen Ländern der €-Zone gezielt zu steuern! (Beweise? - die gibt es! - empirisch belegt!) Warum macht sie es einfach nicht? Anstatt QE-Milliarden jeden Monat in Ankauf von Vermögenswerten zu stecken, die nur dazu dienen den Umtauschkurs des € zu drücken und die Zinsen am langen Ende zu drücken könnte sie die Bilanzen der europäischen Banken sanieren, in dem sie die faulen Kredite der Banken einfach zu nom. Wert aufkauft. Natürlich unter der Voraussetzung, dass die Banken im Gegenzug nur die Realwirtschaft von nun an finanzieren dürfen! (Kreditlenkung). Die darauf folgende Kreditexpansion in produktive Zwecke würde Wachstum und Beschäftigung wie von allein fördern und die Krise wäre ganz schnell zu Ende. Auch als Leihe kann man sich so ein Szenario ganz gut vorstellen. Warum kommen die Koryphäen der Wirtschaftswissenschaften, VWL-Ökonomieprofessoren und andere VW-Sachverständige auf eine solche einfache Idee nicht???