Christine
Lagarde schreibt im IMF-Blog (iMFdirect), dass kraftvolle Massnahmen nötig sind, um
eine Wachstumsfalle (low-growth trap)
zu vermeiden.
Die geschäftsführende Direktorin des IWF betont
zwar die Notwendigkeit, die Nachfrage zu stützen. Aber sie bekräftigt im
gleichen Atemzug ihre längst bekannte Forderung nach Strukturreformen: Das
Wundermittel (snake oil) der
internationalen Eliten zur Lösung aller Probleme.
Das ist bei allem Respekt einfach langweilig. Die
europäische Wirtschaft steckt aus einer Makroperspektive in einer Depression.
Die EZB unterbietet die Zielinflationsrate seit
mehr als drei Jahren, weil es aufgrund einer deflationären Wirtschaftspolitik
an Nachfrage mangelt, während die einseitig getragenen Anpassungskosten (internal devaluation an der Peripherie) zur
Überwindung der Ungleichgewichte (ausgelöst durch Handelsbilanz-Ungleichgewichte;
Stichwort: Merkantilismus) im Euro-Raum die Situation weiter verschlimmern.
Lagarde spricht zwar latent von der Gefahr von secular stagnation. Aber eine
fiskalische Expansion kommt aus Ihrer Sicht nicht in Frage. Und sie hüllt sich
auch darüber in Schweigen, wie die von den Gläubiger-Ländern (mit
Leistungsbilanzüberschuss) verfolgte Politik der Haushaltskonsolidierung in
einem schwer angeschlagenen Umfeld der europäischen Wirtschaft die Nachfrage im
Euro-Raum zusätzlich beeinträchtigt.
Tatsächliche Inflation und die Zielinflation der
EZB im Euro-Raum, Graph: Morgan
Stanley
Im Übrigen: Die Fed dürfte den eigenen Zielwert
für die Inflation das achte Jahr in Folge verfehlen, nach unten wohl gemerkt. Das
bedeutet, dass Zinserhöhungen eine gewisse Gefahr in sich bergen (Stichwort:
der anhaltende Schuldenabbau-Prozess), wenn es in der Wirtschaft einen Schuldenüberhang
(debt overhang) gibt und
Investitionen wenig Ertrag abwerfen.
Tatsächliche Inflation und die Zielinflation der Fed
in den USA, Graph: Morgan Stanley
Das gilt natürlich nicht nur für die USA, sondern
auch andere fortentwickelte Volkswirtschaften, die gegenwärtig von erheblichen Überkapazitäten
gekennzeichnet sind.
Rendite (real) der Staatsanleihen mit 10 Jahren
Laufzeit, EUR vs USD, Graph: Morgan
Stanley
Würden die Zinsen zu früh angehoben, würden damit
die Wachstumsaussichten auf mittlere Sicht einem hohen Risiko ausgesetzt.
Wer also die Tiefzinspolitik der Zentralbanken
ankreidet, und als Abhilfe in der „Zinsfalle“ unmittelbare Zinserhöhungen
verlangt, sieht vor lauter Bäumen den Wald nicht. Mit einem Zinsanstieg würde nämlich
auch die reale Last der Schulden steigen, die Schulden, auf die die Anhänger
der Austeritätspolitik ständig verweisen und den Teufel an die Wand malen. Das ist bizarr.
Inflationserwartungen (gemessen an 10 Jahres-Breakeven-Zinssätzen),
Graph: Morgan Stanley
1 Kommentar:
„Die geschäftsführende Direktorin des IWF betont zwar die Notwendigkeit, die Nachfrage zu stützen. Aber sie bekräftigt im gleichen Atemzug ihre längst bekannte Forderung nach Strukturreformen: Das Wundermittel (snake oil) der internationalen Eliten zur Lösung aller Probleme.“
Strukturreformen sind das Ziel! (besser noch die Politik soll sich aus der Wirtschaft raushalten, „die Märkte“ werden das schon regeln, wenn man sie nur in Ruhe lässt!) Ob die Wirtschaft in einer Depression steck ist zweitrangig. Das ist die Sichtweise der Eliten weltweit, eine Krise kann nur dabei hilfreich sein. Dann werden die Leute nähmlich bereit sein Zugeständnisse zu machen und die eigenen AnsprÜche runter zu schrauben. Das zeigen doch die „Schocktherapien“ in zahlreichen Ländern in letzten Jahrzehnten angefangen mit Chile der 70-er Jahren, Japan, Reagan/Thatcher-Revolution, Osteuropa, Russland, DDR nach der Wiedervereinigung, Agenda in D., €-Kriese. In allen ging es um Strukturreformen: Deregulierung, Liberalisierung und Privatisierung.
Die mächtigste Waffe dabei sind die Zentralbanken und Ihre Geldpolitik.
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