Es wurde viel darüber debattiert, dass die
Finanzkrise keine herkömmliche Rezession ausgelöst hat, die i.d.R. von einem
Problem auf der Kreditgeber-Seite geprägt ist.
Womit wir heute noch zu tun haben, ist eine
Bilanzrezession (balance sheet recession),
wie Richard Koo es beschreibt: ein Problem auf der Kreditnehmer-Seite. Das
heisst, dass der Privatsektor mit dem Schuldenabbau (deleveraging) beschäftigt ist und die Nachfrage nach Kapital fehlt.
Wenn aber die Politik trotzdem einen harschen
Sparkurs diktiert, was auch die öffentliche Hand einschliesst, gerät die
Wirtschaft tiefer in Rezession und sogar in Depression. Weil, wenn alle,
privaten Haushalte, Unternehmen und der öffentliche Sektor Netto-Sparer werden,
fehlt es an Nachfrage, um Wirtschaftswachstum zu fördern.
Die geringere Nachfrage senkt dann die Produktion
(output) und die Beschäftigung. Werden
obendrauf die Löhne gesenkt (internal
devaluation), siehe die Eurozone, folgen Unternehmen mit Preissenkungen.
Wegen des Rückgangs der Inflation sieht sich die
Notenbank gezwungen, die Realzinsen zu senken, was die Nachfrage anregen soll,
damit die Beschäftigung und die Produktion wieder auf den Vor-Rezession-Trend
zurückkehren.
EZB Leitzinsen, Graph: FT
Wenn aber die nominalen Zinsen an der
Nullzins-Grenze (zero lower bound) gelangen,
d.h. wenn die Notenbank die Zinsen bis auf null senkt, fangen die
Schwierigkeiten an, weil die Geldpolitik an Wirksamkeit verliert, weil die
Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt.
Was wir nun beobachten ist, dass die Produktion
kaum vom Fleck kommt, während der Arbeitsmarkt sich beispielsweise in den USA,
aber auch in Grossbritannien inzwischen etwas erholt hat.
Das deutet darauf hin, dass das Wachstum der
Arbeitsproduktivität abgenommen hat. Warum? Weil die Löhne gefallen sind und
die Preise nicht weiter sinken. Und die Investitionsschwäche lastet auf dem
Produktivitätswachstum. So geniessen Unternehmen dank der wachsenden
Monopolmacht hohe Gewinnmargen und investieren höchstens in den Rückkauf der
eigenen Aktien und nicht in physische Güter.
Kurzum: Fiscal Austerity war von Anfang an
kontra-produktiv. Das Konzept der „schwäbischen Hausfrau“ ignoriert die
makroökonomischen Zusammenhänge. Die Wirtschaft funktioniert nicht wie ein
privater Haushalt:
Die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des
anderen. In der schwer angeschlagenen Wirtschaft kommt
nicht zu einem crowding out. Die
Staatsausgaben verdrängen private Investitionen nicht. Ganz im Gegensatz: Die
fiskalischen Multiplikatoren sind in einer Depression höher als sonst. Und der
Anstieg der Notenbankgeldmenge löst keinen Inflationsanstieg aus.
Es ist daher dem Lehrbuch der
Volkswirtschaftslehre gerecht, wenn Mario
Draghi die Politik um fiskalpolitische Mithilfe bittet. Der EZB-Präsident hat
es gestern auf der EZB-Pressekonferenz erneut getan:
"Die Fiskalpolitik sollte auch die wirtschaftliche
Erholung unterstützen, während sie in Übereinstimmung mit den Haushaltsregeln
der EU bleiben. Zugleich sollten alle Länder eine wachstumsfreundliche Zusammensetzung der Fiskalpolitik anstreben."
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