Buchbesprechung
Satyajit Das: Traders, Guns & Money. Die dunklen Machenschaften im internationalen Börsenhandel. FinanzBuch Verlag, München, 2010.
Nicht zu Unrecht wurden Derivate von Warren Buffet einst als „Massenvernichtungswaffen“ bezeichnet. Ein Kreditderivat wie z.B. Credit Default Swap (CDS) kann auch von jemandem gekauft werden, der die zugrunde liegende Anleihe gar nicht besitzt. Das nennt Wolfgang Münchau, FTD- und FT-Kolumnist „zerstörische Spekulation“. Mit CDS sichern sich Investoren gegen den Zahlungsausfall einer Anleihe ab.
Investoren wetten aber mit diesen Finanzprodukten heute hauptsächlich aus spekulativen Gründen um den Default-Fall eines Unternehmens oder eines Staats. Die Derivate haben die gegenwärtige Finanzkrise zwar nicht ausgelöst, aber bestimmt erheblich verschärft. Satyajit Das, der derzeit als Risk Consultant tätig ist, hat 25 Jahre lang in dem Sektor Erfahrungen gesammelt. In diesem Buch, das aus einem bizarren Mix von Schuldgefühl und Erklärungsbedürfnis entstanden ist, zeigt er schonungslos auf, wie die Branche funktioniert. Er nimmt aber in dieser Hinsicht weder pro- noch contra-Stellung ein.
Da dieses äusserst informative Buch 2006 vorgelegt wurde, behandelt es die derzeitige Krise nicht. Dennoch ist es eine rund 500 Seiten umfassende einzigartige Informationsquelle. Der Hauptzweck ist, eine verständliche Einführung in die Welt der Derivate, die zuerst als risikostreuende Finanzinnovation gefeiert wurden und nun zum Teil verflucht werden, zu bieten. Dem Autor gelingt es, einleuchtend darzulegen, dass das Risiko durch Derivate nicht gesenkt, sondern stärker konzentriert wird, was zwei Jahre nach der Publikation des Buches vom Markt tatsächlich bestätigt wurde. Der lebende Fall ist der US-Konzern AIG. Die einst weltgrösste Versicherungsgesellschaft wurde mit Staatshilfe in Höhe von 182 Mrd. $ gestützt. Das Kreditausfallrisiko der gesamten Welt war nämlich bei der AIG akkumuliert. Ein anderes Beispiel: Larry Summers, der die Wirtschaftspolitik der Obama-Administration gestaltet, hat in seiner Funktion als Harvard-Präsident mit Interest Rate Swaps 1 Mrd. $ der Universität in den Sand gesetzt. Harvard’s Swaps sind so toxic, dass nicht einmal Summers sie erklären kann, titelte vergangene Woche Bloomberg.
Des Autors Fazit: Banken, Aufsichtsbehörden und Anleger sind weit davon entfernt, diese komplexen Instrumente zu beherrschen. Strukturierte Produkte sind nicht nur für die Nutzer, sondern im allgemeinen undurchschaubar. Transparenz wird durch Komplexität überschattet. Dabei würde Einfachheit Vertrauen schaffen. Die Forderung nach einer Verschärfung des Regulierungsrahmens ist daher nicht aus der Luft ergriffen. Zumal einige der angesehensten Banken als moralische Betrüger enttarnt wurden, wie Prof. Robert Skidelsky kürzlich in einem Essay beschrieben hat. Im Anhang dieses klar und einfach geschriebenen Buches befindet sich noch ein praktisches Glossar mit Erläuterungen von allen wichtigen Fachausdrücken. Ein unverzichtbares Standardwerk für alle, die Derivate verstehen wollen.
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