Freitag, 19. September 2008

Unequal Democracy

Buchbesprechung*:

Larry M. Bartels: Unequal Democracy. The Political Economy of the New Gilded Age. Princeton University Press, New York, 2008.

Die Hypothekenmarktkrise hat mittlerweile dramatische Ausmasse angenommen. Die drastischen Verwerfungen an den globalen Finanzmärkten rücken plötzlich auch auf die Agenda des Wahlkampfs um die amerikanische Präsidentschaft. Beide Kandidaten tadeln gierige Marktakteure gehörig. John McCain (Republikanische Partei) aus Arizona will, wenn er gewählt wird, dafür sorgen, dass die „Wall Street nicht länger wie ein Spielcasino betrieben wird“. Er plädierte dafür, den millionenschweren Bonuszahlungen und Abfindungen für Manager ein Ende zu machen. Der demokratische Kandidant Barack Obama vertritt die Meinung, dass Amerika sich in einer schlimmsten Finanzkrise seit der „Grossen Depression“ in den 1930er Jahren befinde. In der Wirtschaftspolitik bedürfe es einer Kurskorrektur. Beide grossen Parteien zeigen sich insgesamt wirtschaftsfreundlich. Es wäre deswegen nicht akkurant, zu erwarten, dass die US-Börse Partei ergreift. Der Teufel steckt aber im Detail.

Larry M. Bartels, Professor für „Public and international Affairs“ an der Princeton University hat die US-Wirtschaftdaten für die Zeitperiode zwischen 1948 und 2007 unter die Lupe genommen. Er fand heraus, dass die Wirtschaft während der Amtszeit (34 Jahre) der Republikaner im Durchschnitt 1,64% gewachsen ist. In den 26 Jahren, in denen die Demokraten das Amt innehatten, legte das US-BIP im Durchschnitt 2,78% zu. Erstaunlich ist daher, dass McCain den wirtschaftspolitischen Kurs der Bush-Administration fortsetzen will. Das bedeutet in erster Linie Steuersenkungen für die Reiche. Obama hingegen legt grösseren Wert auf Gesundheit, Energie und viele andere Themen.

Unter der Herrschaft der Republikanischen Partei hat in den USA v.a. die Einkommensschere deutlich spürbar zugenommen. Die Einkommen der Spitzenverdiener sind prozentual wesentlich stärker gestiegen als die Einkommen der schlechtverdienenden Steuerzahler. Als „Gilded Age“ galt die Blütezeit der Wirtschaft in den USA zwischen 1876-1914. Das „Goldene Zeitalter“ präsentierte nach aussen Aufschwung und Fortschritt. In den Städten war aber damit v.a. Armut und Korruption verbunden. Bartels bezieht sich nun darauf und betitelt sein grossartiges Buch ironisch mit „New Gilded Age“. Die USA stehen heute an einem Wendepunkt. Der Autor zeigt auf, welche politisch bornierte Kräfte zur Verstärkung der Einkommensdisparitäten in Amerika geführt haben. Eine prägnante Studie.

Cezmi Dispinar

* erscheint in der Ausgabe 205 von 19. September 2008

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