Wenn das Gelddrucken zu Inflation führt, warum hat die mehr als fünffache Ausdehnung der Fed-Bilanz (von 800 Mio. USD im Jahre 2006 auf 4'500 Mio. USD im Jahr 2017) keine Inflation ausgelöst?
Fed-Präsidentin Janet Yellen hat auf der jüngsten Pressekonferenz der US-Notenbank gesagt, dass die fehlende Inflation nicht einfach als eigenartig („idiosyncratic“) betrachtet werden kann.
Darüber hinaus war sie nicht bereitwillig, die Entwicklung als Trend zu bezeichnen. Yellen spricht lieber von einem „Rätsel“ (mystery).
Die Zerlegung der Komponente der Inflation (gemessen an PCE) nach dem Modell von Yellen zeigt, dass der Mangel an Inflation auf „andere Faktoren“ (siehe bitte die zweite Abbildung) zurückzuführen ist.
Das ist auch der Grund, warum Yellen dem Rückgang der Inflation keine besonderen Eigenschaften zuordnen kann.
Roger Farmer schreibt in seinem Blog, dass der Anstieg der Notenbankgeldmenge (monetary base) nicht zu einem Anstieg der Inflationsrate führt, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle (liquidity trap) à la Keynes steckt.
Die Liquiditätsfalle, Graph: Roger E.A. Farmer in: Roger Farmer’s Economic Window, Sept 21, 2017.
Richard Koo beschreibt die Situation als Bilanzrezession (balance sheet recession).
Wichtig ist dabei, sich zu vergegenwärtigen, dass die Geldpolitik in einer Bilanzrezession an Zugkraft verliert. Nur die Fiskalpolitik kann die fehlende Nachfrage ausgleichen.
Wenn der private Sektor zum Netto-Sparer wird, fällt die Nachfrage, was zu einem Rückgang der Produktion und der Beschäftigung führt. Die Nachfragelücke kann nur durch die Fiskalpolitik geschlossen werden.
Das Problem der Geldpolitik ist also der fehlende Schuldner, wie Michael Paetz in einem lesenswerten Beitrag im Blog Makroskop kurz zusammenfasst.
Zerlegung der fehlenden US-Inflation (gemessen an PCE), Graph: Morgan Stanley
Bemerkenswert ist, dass die aussergewöhnlich lockere Geldpolitik (negative Zinsen, Anleihekaufprogramm, Forward Guidance usw.) der EZB im Euroraum nicht von einer expansiven Fiskalpolitik begleitet wird.
Die unkonventionelle Geldpolitik (QE policy) der EZB sorgt zwar dafür, dass das Rendite-Niveau sinkt. Aber der Preis ist zu hoch: ein verlorenes Jahrzehnt des Wachstums, das Hysteresis-Risiko auf dem Arbeitsmarkt und der Aufstieg des Populismus auf der parteipolitischen Bühne.
Das ist ohne Zweifel das Ergebnis einer selbst-vernichtenden makroökonomischen Politik-Mix in Europa, wie Matthias Matthijis und Mark Blyth in einer neulich vorgelegten Forschungsarbeit („When is it rational to learn the wrong lessons?“) festhalten.
Und als ob das nicht genug wäre, fordert Ifo-Chef Clemens Fürst eine Verschärfung der restriktiven Fiskal-regeln: Das Maastricht-Kriterium von 3% der Neuverschuldung sei zu hoch. Am besten wäre eine Grenze für das strukturelle Defizit von 0,5%, sagt er, ohne mit der Wimper zu zucken.
Das ist genau das „doubling down on bad policy“, die Matthijis und Blyth beschreiben: „Solange die Autorität durch die Berufung auf die ordo- und neoliberalen Ideen hervorgebracht und angefochten wird, durch rekonstruierte Lesungen vergangener Ereignisse, wird das Ergebnis eher ein unausgewogenes und ineffektives makroökonomisches Gemisch sein“.
Dann wundert „man“ sich, dass die Inflation nicht steigt und die Erholung der Wirtschaft kaum vom Fleck kommt.
(Gleichgewichtszinssatz) Der sog. (reale) neutrale Zinssatz in den USA, Graph: Pictet WM
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