John
Williams, San Francisco Fed Präsident sagt, dass es Zeit ist, Überlegungen
anzustellen, ob die Zielinflationsrate (Inflationssteuerung) von 2% an die
gegenwärtigen Konditionen angepasst werden soll oder nicht.
Seiner Ansicht nach gibt es einfach keinen
Spielraum für die Zentralbanken, die Zinsen in Reaktion auf einen
wirtschaftlichen Abschwung weiter zu senken, wenn die Inflation nahe Null liegt
und der sog. natürliche Zinssatz (natural
rate) sehr niedrig ist.
Die zugrundeliegenden Determinanten für den
Rückgang der beiden Werte sind eng verknüpft mit:
dem Angebot und der Nachfrage der Geldanlagen,
dem demographischen Wandel,
dem trägen Trend der Produktivität,
dem schwachen Wirtschaftswachstum,
der Suche der sog. Schwellenländer nach sicheren Anlagen für die eigenen grossen Devisenreserven und
einer allgemeinen Ersparnissschwemme (savings glut).
Tatsache ist, dass die Fed ihr Inflation Target
von 2% seit mehr als vier Jahren unterbietet, gemessen am PCE.
Warum soll die Fed die Zielinflationsrate vorübergehend
nicht auf 4% erhöhen, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Vollbeschäftigung
wiederherzustellen?
Ein Einwand ist, dass eine höhere Inflation
grosse verzerrende Probleme schaffen würde. Das Stichwort ist Preisstreuung (price dispersion): Inflation würde
Preise verzerren, wenn Unternehmen Preise verändern wollten, womit
wirtschaftliche Effizienz leiden würde.
Der um die Inflation angepasste natürliche
Zinssatz, Graph: John Williams, San
Francisco Fed President in: "Monetary Policy in a low R-Star World", Aug 2016.
Nick
Bunker verweist aber auf eine aktuelle Forschungsarbeit, dass die bisherigen
Erfahrungen nahelegen, dass inflationsbedingte Ineffizienzen während einer
Periode von hoher Inflation nicht viel zu befürchten seien.
Zentralbanken verfehlen die Zielinflationsrate
seit langer Zeit, Graph: Mark Gilbert
in Bloomberg View
Larry
Summers begrüsst in seinem Blog Williams Ausführungen und fügt hinzu, dass damit
auch die These von secular stagnation unterstützt werde, weil der natürliche Zinssatz
für eine lange Zeit sehr niedrig zu bleiben droht.
Der natürliche Zinssatz kann sogar wegen des
Hysteresis-Effekts weiter fallen, so der an der Harvard University forschende Wirtschaftsprofessor.
Die Aussicht, dass die Zinsen noch lange niedrig
verlaufen, führt dazu, dass die Ausgaben der Sparer zurückgehen und financial intermediation beeinträchtigt
wird.
Allerdings sei er, Summers, enttäuscht von Williams
zaghafter Haltung in Sachen Geldpolitik, da die Fed selbst seit Jahren einen
niedrigen Verlauf der Zinsen prognostiziert. Was kann schon mit einer Vorgabe
von einer Zielsetzung (level target) von
4-5% für das nominale BIP schiefgehen?
Das Argument für ein höheres Inflation Targeting zählt besonders dann, wenn die nominalen Zinsen
nahe Null (zero lower bound) liegen
und die Liquiditätsfalle damit unterbunden werden soll.
Wenn die Fed am Anfang des Jahres 2012 davon
ausging, dass eine Zielinflationsrate von 2% angemessen ist, während sie
annahm, dass der neutrale Realzins (Gleichgewichtszinssatz) über 2% lag, dann
spricht nichts dagegen, die Zielvorgabe anzupassen, wenn der neutrale Realzins nun sehr
glaubhaft nahe Null liegt, erklärt Summers weiter.
Fazit: Ohne um den heissen Brei zu
reden, kann festgehalten werden, dass das bisher Gesagte im Umfeld eines niedrigen
Gleichgewichtszinssatzes (genannt r*
in der Sprache der Ökonomen) im Grunde genommen für den Einsatz von
Fiskalpolitik spricht. Basta.
PS:
1 Kommentar:
zu Lawrence Summers zitiert nach Wikipedia:
"Summers unterstützte die Deregulierung der Finanzmärkte wie den Gramm–Leach–Bliley Act 1999. Damit wurde auch der Glass-Steagall Act zur institutionellen Trennung von Investment-Banking und Einlagengeschäften aufgehoben. Insbesondere die Deregulierung der OTC-Derivate wurde später als eine Ursache für die Finanzkrise ab 2007 bewertet. Clinton bedauerte später öffentlich auf den Rat von Rubin und Summers gehört zu haben."
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