Die Rendite der spanischen Staatsanleihen mit 10
Jahren Laufzeit ist am Montag erstmals unter die Marke von 1 Prozent gefallen.
Am Dienstag hat sich der Rückgang der Rendite fortgesetzt und mit 0,972% einen neuen Tiefstwert verbucht.
Die Anleihemärkte scheinen wegen des spanischen
Haushaltsdefizits nicht sonderlich besorgt zu sein, obwohl die Defizit-Falken seit
mehreren Jahren davor warnen, dass die Zinsen durch die Decke schössen, wenn
die Haushaltsdefizite an der EU-Peripherie nicht zeitig abgebaut würden.
In einer Zeit der Massenarbeitslosigkeit und der
ultra-niedrigen Finanzierungskosten beharren die fiskalischen Schimpfer darauf,
dass die Anleihemärkte beruhigt werden müssen, damit es nicht zu einer
galoppierenden Inflation kommt.
Die Bond Market Vigilantes bleiben aber bislang
unsichtbar. Das ist peinlich. Weil die Anhänger der neoklassischen Theorie
damit völlig falsch liegen, Jahr ein, Jahr aus.
Noch peinlicher ist, dass die EU-Behörden gegen Spanien
und Portugal vergangene Woche wegen mangelnder Haushaltsdisziplin beinahe
Geldbussen in Höhe von 2 Mrd. EUR verhängt hätten. Die EU-Kommission hat gestern
mitgeteilt, dass Madrid und Lissabon nicht belangt werden. Gut.
Beide Länder wären fast dafür bestraft worden,
mit der Erhöhung der Staatsausgaben die schwer angeschlagene Wirtschaft in
Fahrt bringen zu wollen. Wie schlimm!
Nur zur Erinnerung: Das Lehrbuch besagt, dass ein
erhöhtes Haushaltsdefizit in einer Liquiditätsfalle kein crowding-out auslöst, der Anstieg der Notenbankgeldmenge kaum
Einwirkungen auf die Inflation hat und Fiskalmultiplikatoren höher sind als
sonst.
Die Rendite der spanischen Staatsanleihen mit 10
Jahren Laufzeit fällt unter 1%, Graph:
FastFT
Selbst Kenneth
Rogoff, der beileibe kein Anhänger der expansiven Fiskalpolitik ist,
schreibt am Dienstag in seiner Kolumne bei Project
Syndicate, dass Europa angesichts der hohen Arbeitslosigkeit auch in
Zukunft Stimulus-Massnahmen fortsetzen soll, auch auf die Gefahr hin, dass die
Schuldendienstkosten steigen.
Die Rendite der 10-jährigen spanischen
Staatsanleihen auf 0,972%, Graph:
Bloomberg
Die unrealistische Hoffnung von der Existenz der
Bond Vigilantes täuscht, wie am Verlauf der Renditen der Staatsanleihen an der
sog. Peripherie der Euro-Zone beobachtet werden kann.
Die Rendite der Staatsanleihen mit 10 Jahren
Laufzeit an der EU-Peripherie fallen weiter, Irland, Spanien und Italien im
Vergleich, Graph: FastFT
Wie kann man es Spanien und Portugal verdenken,
die derzeit aussergewöhnlich niedrigen Kreditkosten durch die Ausgabe von
längerfristigen Anleihen für sich festschreiben (lock-in) zu wollen?
Es ist doch gerade jetzt der richtige Zeitpunkt
dafür. Es ist angebracht, durch Aufnahme von Krediten die Nachfrage
anzukurbeln. Beide Regierungen können damit auch Geld sparen.
Die Haushaltssituation in der EU, Graph: FastFT
Wie Rogoff sagt, „sind grössere Defizite
sinnvoll, wenn sie genutzt werden, für erforderliche Verbesserungen der
Infrastruktur und des Bildungssystems zu bezahlen“.
1 Kommentar:
"Es ist doch gerade jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. Es ist angebracht, durch Aufnahme von Krediten die Nachfrage anzukurbeln. Beide Regierungen können damit auch Geld sparen."
Spanien u. Portugal kurbeln die Nachfrage an, haben dann positive Wachstumsraten von 3-5%, Einkommen und Konsum steigen - was steig dann auch automatisch? Richtig - die Handelsbilanzdefizite der Länder. Und diese Entwicklung hat doch die Eurokrise verursacht. Oder fordert Herr Rogoff gleichzeitig Kapitalverkehrskontrollen und Schutzzölle in den beiden Ländern gleichzeitig einzuführen? Man muß sich nur die Salden in Europa ansehen - zB. bei Heiner Flassbeck in jedem seiner zahlreichen Vorträge.
Warum fordert Herr Rogoff nicht, massive öffentliche Ausgaben u. Konjunkturprogramme in D. zu fahren? Ach, jetzt hab ich's! ist das nicht der gleiche, der die 90% "Grenze" der Staatsverschuldung wissenschaftlich "bewiesen" hat? So einen braucht man nicht zu zitieren - den sollte man gar nicht beachten!!
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